📣 Vortrag in der Verbraucherzentrale: »Geldanlage für Frauen« am 14. Mai um 18 Uhr ⇒ Jetzt anmelden


Veranstaltungen

Warenkorb

Wildwuchs bei Klimalabeln auf Lebensmitteln

Von klimaneutral bis CO2-reduziert: Auf Lebensmittelpackungen finden sich viele Angaben rund ums Klima. Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist oft schwer nachvollziehbar, was dahinter steckt. Unser Marktcheck der Verbraucherzentralen zeigt den Wildwuchs. Hier muss es gesetzliche Regelungen geben!

Frau mit roter Mütze beim Lebensmitteleinkauf schaut auf einen Becher

Das Wichtigste in Kürze

  1. Die Verbraucherzentralen untersuchten im Rahmen eines bundesweiten Marktchecks 87 Produkte mit Klima- und CO2-Aussagen.
  2. Die Ergebnisse zeigen: Wie aussagekräftig Klimaaussagen sind, lässt sich derzeit kaum beurteilen.
  3. Häufig fehlen nähere Informationen zu den klimabezogenen Aussagen auf der Verpackung.
Stand: 08.11.2023

Werbeaussagen mit Umwelt- oder Klimabezug, sogenannte Green Claims, sind bislang kaum reguliert. Sie können verwendet werden, ohne dass der Gesetzgeber darüber Nachweise oder eine unabhängige Prüfung fordert. Den meisten Menschen ist nicht bewusst, dass Begriffe wie „klimaneutral“ nichts darüber aussagen, ob ein Produkt klimaschonend hergestellt wurde oder sich der Hersteller zur Reduktion und Vermeidung von CO2 verpflichtet hat.

Die Verbraucherzentralen haben in einem bundesweiten Marktcheck geprüft, welche klimabezogenen Aussagen und Siegel Lebensmittelhersteller verwenden. Dafür wurden in 10 Bundesländern Discounter, Supermärkte, Biomärkte und Drogeriemärkte aufgesucht. Insgesamt haben wir 87 Produkte mit klimabezogenen Aussagen im Hauptsichtfeld erfasst und kommen zu den folgenden Ergebnissen.

1. Klimawerbung häufiger bei Bio-Produkten

Am häufigsten trugen pflanzliche Ersatzprodukte, Getränke, Convenience-Produkte und Speziallebensmittel wie Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder klimabezogene Werbung. Bio-Produkte wurden ähnlich häufig mit Klimaaussagen beworben wie konventionell erzeugte Lebensmittel. Allerdings haben Bio-Lebensmittel nur einen Marktanteil von etwa sieben Prozent und scheinen damit verhältnismäßig öfter Klimaangaben aufzuweisen.

2. Begriff „Klimaneutral“ besonders oft zu finden

Insgesamt wurden 92 Klimaaussagen auf den 87 Produkten erfasst. Am häufigsten wurde mit Klimaneutralität geworben (53 von 87 Produkten). Aussagen wie „klimaneutral“, „klimapositiv“ und „CO2-positiv“ haben ein besonders hohes Irreführungspotenzial. Aus Sicht der Verbraucherzentralen lassen sich solche Angaben nicht belegen und sollten daher nicht zur Bewerbung von Lebensmitteln verwendet werden.

Einige Hersteller warben gleich mit mehreren Aussagen diesbezüglich auf einem Produkt. Diese Vielzahl an unterschiedlichen Werbeaussagen trägt nicht zur Information, sondern zur Verwirrung bei. Gleichwohl können solche Produkte von Verbraucherinnen und Verbrauchern positiver wahrgenommen werden als Vergleichsprodukte mit nur einer oder keinerlei Klimawerbung.

Beispiel: Das Unternehmen Wunderbräu warb auf einem Bier im Hauptsichtfeld mit der Aussage „CO2-positives Bier“, an anderer Stelle mit den Aussagen „klimaneutrale Herstellung“ und „klimafreundlich gebraut“.

3. Aussagen zum Klimaschutz meistens ohne klaren Bezug 

Ob sich die entsprechenden Angaben auf die Verpackung, die Herstellung oder das gesamte Produkt beziehen, blieb bei einem Drittel der erfassten Klimaauslobungen unklar. Eine eindeutige Aussage ist allerdings wichtig, damit Verbraucherinnen und Verbraucher ihren Beitrag zum Klimaschutz besser einordnen können. Nach Einschätzung der Verbraucherzentralen sollten sich Klimaaussagen nicht nur auf Teilaspekte des Produktes beziehen, sondern immer den gesamten Lebenszyklus betrachten. 

Beispiel: Der Anbieter Koawach warb auf einem Kakaogetränk im Hauptsichtfeld mit der Aussage „klimaneutral“ und auf der Rückseite zusätzlich mit einer CO2-reduzierten Verpackung.

4. Klimaaussagen nicht transparent genug

Bei etwas mehr als einem Drittel fehlten nähere Erläuterungen der Klima- und CO2-Auslobungen auf der Verpackung. Zur Beurteilung ist es jedoch wichtig, ob ein Unternehmen aktiv eigene Emissionen reduziert oder ausschließlich auf die Unterstützung von Klimaschutzprojekten setzt.  

Bei 73 der 87 Produkte verwiesen Links und QR-Codes auf weitere Informationen. Dies ist zwar begrüßenswert, allerdings werden solche weiterführenden Hinweise nur selten genutzt. Bei knapp der Hälfte der untersuchten Produkte fehlten Hinweise auf eine Vergabe oder Prüfung der Siegel und Aussagen durch externe Dienstleister. Es wird nicht ersichtlich, wer die Richtigkeit der Angaben überprüft. Durch die fehlende Transparenz ist schwer zu beurteilen, wie verlässlich die klimabezogenen Angaben sind.

Beispiel: Iglo erläuterte die CO2-Aussage auf einem Tiefkühlspinat ohne konkrete Maßnahmen und Erfolge zu nennen.

Beispiel: Rapunzel warb auf einem Müsli mit einer 24-prozentigen CO2-Reduzierung; unklar bleibt, ob sich diese auf die Verpackung oder das Produkt bezieht und welcher Ausgangswert gewählt wurde.

Unser Fazit

Die Ergebnisse des Marktchecks zeigen, dass Klima- und CO2-Auslobungen in ganz unterschiedlicher Ausgestaltung auf Lebensmittelverpackungen zu finden sind. Die klimabezogenen Angaben sind meist weder nachvollziehbar noch überprüfbar. Gründe dafür sind unter anderem sowohl fehlende Erläuterungen als auch fehlende Hinweise auf unabhängige Kontrollen.

Aktuell existieren keine konkreten gesetzlichen Vorgaben für die Verwendung klimabezogener Angaben. Die Europäische Kommission arbeitet an einer Richtlinie zu Umweltaussagen, die diese rechtlichen Lücken schließen soll. Den Entwurf bewerten die Verbraucherzentralen als vielversprechend. Bis diese Richtlinie umgesetzt und damit Auswirkungen auf Werbeaussagen haben wird, können jedoch noch Jahre vergehen. 

Bücher und Broschüren