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Mineralöl im Essen

Mineralöle wurden bereits in einer Vielzahl von Lebensmitteln gefunden. Selbst Säuglingsnahrung ist betroffen. Dabei können die problematischen Stoffe durch verschiedenste Quellen in unser Essen gelangen, zum Beispiel durch Schmiermittel für Maschinen oder Verpackungen. Was Politik und Industrie dagegen tun sollten. Und wie Sie sich schützen können.

Gebäck im Karton

Das Wichtigste in Kürze

  1. Die Mineralöl-Kohlenwasserstoffe unterteilen sich in zwei Gruppen: MOSH (Gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe), die nach einem EU-Gutachten wohl gesundheitlich eher unbedenklich sind, und krebserregende MOAH (Aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe).
  2. Für Lebensmittel-Kartons aus Altpapier wird auch bedrucktes Zeitungspapier verwendet, welches meistens Mineralöle enthält. Ab 2028 sollen Druckfarben laut einer Selbstverpflichtung der Papier- und Verlagswirtschaft ohne kritische Mineralöle auskommen. 
  3. Die Industrie forscht außerdem an Innenverkleidungen für Lebensmittelverpackungen, die die Abgabe von Mineralölen stoppen sollen; eine wirklich befriedigende Lösung gibt es jedoch bislang nicht.
  4. Die EU will Mineralöl-Grenzwerte einführen und empfiehlt Obergrenzen für bestimmte Lebensmittel.
  5. Durch unterschiedliche Maßnahmen können Verbraucherinnen und Verbraucher die Abgabe von Mineralölen an Lebensmittel reduzieren oder sogar verhindern.
Stand: 13.02.2024

Deutschland hat eine sehr hohe Recyclingquote bei der Altpapier­verwertung – aus Umweltschutzgründen eine begrüßenswerte Entwicklung. So verarbeitete die Papierindustrie 2022 fast 79 Prozent Altpapier. Doch zugleich ist damit ein massives Problem entstanden, das dringend einer Lösung bedarf: Recyclingverpackungen oder Pappen können Rückstände in Lebensmitteln verursachen.

60.000 Tonnen Mineralöl im Altpapierkreislauf

Während Hygieneartikel wie Toilettenpapiere im Recyclingverfahren diverse Reinigungsprozesse durchlaufen, gilt dies für Lebensmittelverpackungen häufig nicht. Ein Kuriosum: So müsste es doch aus gesundheitlichen Gründen umgekehrt sein!

Laut Umweltbundesamt werden über Altpapier jährlich mehr als 60.000 Tonnen Mineralöl in den europäischen Altpapierkreislauf eingetragen. Wir meinen, dass der gesundheitliche Verbraucherschutz auf keinen Fall hinter den Umweltschutzinteressen zurückstehen darf! Inzwischen tut sich etwas: Im Auftrag des Umweltbundesamtes werden aktuell mineralölfreie Zeitungsdruckfarben getestet. Diese werden nun im praktischen Einsatz weiterentwickelt. Bis Ende 2028 sollen Druckfarben für Zeitungen laut Arbeitsgemeinschaft Graphische Papiere (AGRAPA) komplett frei von Mineralölen sein. Diese schrittweise, freiwillige Selbstverpflichtung wird aktuell mit dem Umweltbundesamt verhandelt und soll so wohl auch eventuell nachteilige, verbindliche Gesetze verhindern.

Gesundheitsschäden durch Mineralöl in Lebensmitteln

Viele Lebensmittel werden in Verpackungen angeboten oder transportiert, die zu hohe Mineralölanteile enthalten. Diese Mineralölgemische, die zum Beispiel aus Druckfarben von Zeitungen, Werbeprospekten oder anderen Kartonverpackungen stammen, gehen auf die Lebensmittel über. Je länger sie gelagert werden, umso mehr. Besonders trockene Lebensmittel mit großer Oberfläche wie Reis, Mehl, Grieß oder Frühstückscerealien sind betroffen. Mineralöle können außerdem negative Langzeitwirkungen im Körper haben: So können insbesondere die aromatischen Kohlenwasserstoffverbindungen (MOAH) krebserzeugende Eigenschaften haben. 

Im März 2023 veröffentlicht die EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA einen Gutachtenentwurf zu Mineralölen. Die Sachverständigen kommen zu dem vorläufigen Ergebnis, dass gesättigte Mineralöl-Kohlenwasserstoffe (MOSH) wohl nicht gesundheitlich bedenklich seien, während aromatische Mineralöl-Kohlenwasserstoffe (MOAH) Anlass zu gesundheitlichen Bedenken geben können. Aus den Gutachtenergebnissen werden seit Ende April 2023 wissenschaftliche Empfehlungen erarbeitet.

Grenzwerte für Mineralöle in Lebensmitteln

Die Lebensmittelindustrie und die Wissenschaft arbeiten seit nun schon 15 Jahren an dem komplexen Problem. So werden wirksamere Barriereschichten in Form von Folien und Innenbeschichtungen entwickelt. Teilweise kommen auch mehr Frischfaserkartons zum Einsatz oder es werden häufig nur mineralölfreie Farben beim Bedrucken von Verpackungen verwendet. 

Aber es muss weitere Anstrengungen geben, um den Mineralölgehalt zu minimieren – zumal auch behandelte Jute- oder Sisalsäcke für den Lebensmitteltransport, Schmieröle aus Erntemaschinen, mineralölhaltige Klebstoffe oder Druckfarben von Lebensmittelverpackungen und Paraffinöle als Pflanzenschutzmittel die Situation noch verschlimmern können. 

Mittlerweile empfiehlt der EU-Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (PAFF-Ausschuss) seit dem 21. April 2022 Grenzwerte für bestimmte Mineralöle in Lebensmitteln. Aber: Die Regelung ist noch nicht rechtsverbindlich und jeder EU-Mitgliedstaat kann individuell entscheiden, ob er die Anforderungen umsetzt.

  • Trockene Lebensmittel mit bis zu 4 % Fett-/Ölgehalt: bis zu 0,5 mg/kg MOAH
  • Lebensmittel mit mehr als 4 % Fett-/Ölgehalt: bis zu 1 mg/kg MOAH
  • Fette und Öle: bis zu 2 mg/kg MOAH

Ganz grundsätzlich finden wir: Es sollte in Lebensmitteln eine Nulltoleranz für krebserregenden Mineralöle gelten. Grenzwerte sind nicht der richtige Weg.

Unsere Tipps

Beim Einkaufen

  • Recyclingkartons sind dunkel: Je dunkler ein Karton, desto höher ist normalerweise der Recyclinganteil. Sehr helle Pappen oder Papierbeutel sind meistens aus Frischfaser, von ihnen geht ein geringeres Risiko aus. Sie können allerdings auch durch Transportpappen oder Jutesäcke vorbelastet sein. Das kann keine Endverpackung verhindern.
  • Keine Lebensmittel aus Wellpappenkartons kaufen: Teilweise werden Lebensmittel im Supermarktregal neben der eigentlichen Verpackung noch zusätzlich in Wellpappe-Kartons angeboten (meistens geöffnete Transportkartons). Auch aus diesen Pappen, die immer aus Recyclingfasern hergestellt werden, können Mineralölrückstände in die Lebensmittel gelangen. Solange es keine „sauberen“ Wellpappen gibt, sollte dieses zusätzliche Risiko vermieden werden.

Beim Kochen

  • Auftauen ohne Verpackung: Beim Auftauen von Tiefkühlware aus Recyclingkartons, beispielsweise Gebäck, Fertiggerichte, Obst oder Gemüse, entnehmen Sie diese in gefrorenem Zustand aus der Verpackung und lassen Sie diese ohne den Recyclingkarton im Kühlschrank auftauen.
  • Kochen senkt das Risiko: Beim Kochen geht ein Teil des angereicherten Mineralöls mit dem Wasserdampf verloren. Wie hoch dieser Anteil ist, ist noch unbekannt.

Beim Lagern im Haushalt

  • Trockene Lebensmittel umfüllen: Wenn Sie Lebensmittel mit großer Oberfläche, z. B. Reis, Gries, Haferflocken oder Frühstückscerealien, länger lagern wollen, füllen Sie diese am besten gleich nach dem Einkauf in Vorratsdosen um. Dies gilt ganz besonders, wenn der Inhalt direkt mit dem Karton in Kontakt kommt, also kein Innenbeutel vorhanden ist. Denn grundsätzlich gilt: Je länger die Lagerzeit, desto mehr Rückstände gehen in die Lebensmittel über.
  • Aluminium ist die wirksamste Barriere: Säuglingsnahrung ist fast immer durch Innenbeutel geschützt. Aluminiumbeutel stellen zurzeit die wirksamste Barriere gegen das Ausgasen dar. Doch da Aluminium aus ökologischen Gründen (energieaufwendige Produktion und große Umweltbelastung) sehr bedenklich ist, können diese Beutel keine Lösung für alle Produkte sein.
  • Entwarnung bei Tiefkühlkost: Während der Lagerung in der Tiefkühltruhe findet so gut wie kein Mineralölübergang statt.
  • Innenbeutel bieten nicht genug Schutz: Innenverpackungen aus Papier, Polyethylen (PE) oder Polypropylen (PP) verzögern den Übergang von Mineralölrückständen, unterbinden diesen allerdings nicht vollständig. Sie stellen nur für kurze Zeit eine gewisse Barriere für Mineralölübergänge dar. Bei Langzeitkontakt, beispielsweise über mehrere Wochen oder Monate, lassen diese fast alle etwas durch.

Messergebnisse für Mineralöl in Lebensmitteln

  • Stiftung Warentest untersuchte im November 2023 Butter, unter anderem auch auf Mineralölrückstände hin. Nachgewiesen werden konnten Rückstände in allen Produkten, allerdings waren einige Sorten nur sehr gering belastet.
  • Öko-Test untersuchte im Dezember 2022 Schoko-Nikoläuse und die Menge an Mineralölen.
  • Ebenfalls im Dezember 2022 fielen fast alle Butter-Marken bei Öko-Test durch Mineralölrückstände durch.
  • Fast alle Olivenöle waren bei einer Analyse von Öko-Test in der Mai-Ausgabe von 2022 mit Mineralöl belastet.
  • 2021 hat Foodwatch 152 Lebensmittel unter die Lupe genommen. Jedes achte Produkt war mit Mineralölen belastet.

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