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Cremissimo Eis: Das große Schmelzen bei Unilever

Unilever hat bei fast allen Sorten seiner Eis-Marke Cremissimo die Füllmengen reduziert. Bis zu 44 Prozent kann der Preisanstieg betragen. Welche Sorte besonders stark betroffen ist, erfahren Sie in diesem Artikel über unsere aktuelle Mogelpackung des Monats.

Eistruhe mit Cremissimo-Eis

Das Wichtigste in Kürze

  1. Die Mogelpackung des Monats ist das Speiseeis Cremissimo Bourbon Vanille von Unilever. Statt als „Familienpackung“ mit 1.300 Milliliter Eis ist die Sorte beispielweise bei Penny nur noch in einer 900-Milliliter-Dose erhältlich. Bei gleichem Verkaufspreis im Handel beträgt die versteckte Preiserhöhung zurzeit bis zu 44 Prozent. 
  2. Bei den anderen Eissorten von Cremissimo hat der Hersteller den Inhalt von 900 auf 825 Milliliter reduziert. Dadurch sind die Produkte nun 9 Prozent teurer.
  3. Unilever verweist in einer Stellungnahme auf höhere Kosten und darauf, dass die Sorte Cremissimo Bourbon Vanille weiterhin in der alten Packungsgröße produziert wird. Wie häufig und zu welchen Anlässen die 1.300-Milliliter-Variante erhältlich ist, bleibt offen.
  4. Auch die Unilever-Eismarke Magnum ist von Shrinkflation betroffen. Die Produkte verteuern sich um bis zu 20 Prozent.
Stand: 04.04.2024

Die Eis-Saison hat noch gar nicht begonnen, da hagelt es schon versteckte Preiserhöhungen. Die Masche ist aus dem letzten Jahr bekannt. Da war es vor allem der weltweit agierende Eishersteller Froneri mit den Marken Oreo und Milka, der exorbitante Preiserhöhungen von bis zu 63 Prozent beim Handel durchsetzte. Nun dreht der Milliardenkonzern Unilever an der Preisschraube. Wir haben die Fakten für Sie zusammengetragen.

Was wird aus der Familienpackung?

Bei der beliebtesten Eissorte der Deutschen – Vanille – ist der Preisanstieg besonders drastisch. Der Inhalt der bisherigen „Familienpackung“ des Cremissimo Bourbon Vanille schrumpft von 1.300 auf 900 Milliliter Eis pro Dose. Bei Penny in Hamburg haben wir Ende Februar erst die größere Variante mit 1.300 Millilitern und dann zwei Wochen später die kleinere mit 900 Millilitern Inhalt für jeweils 3,99 Euro gekauft. Damit ist das gleiche Eis um bis zu 44 Prozent teurer und deshalb unsere Mogelpackung des Monats. Geradezu grotesk ist die Situation bei Rewe: In den Märkten stehen teilweise beide Packungen nebeneinander im Tiefkühlregal – zum identischen Preis. Greift man da versehentlich zur „falschen“ Eispackung, kostet das Cremissimo Bourbon Vanille deutlich mehr. Auch bei Kaufland haben Verbraucherinnen und Verbraucher schon die kleinere neue Packung gefunden.  

Was sagt Unilever dazu?

Auf unsere Nachfrage speziell zur Sorte Cremissimo Bourbon Vanille führt Unilever ergänzend aus:

„ (...) das Cremissimo Produkt Bourbon Vanille wird es in der Größe von 1.300 ml weiterhin als Familienpackungsformat geben. Um aber auch den Ansprüchen der Konsumentinnen und Konsumenten nach einem kleineren Format gerecht zu werden, bieten wir ab diesem Jahr diese beliebte Sorte auch in 900 ml an.“

Im letzten Satz schränkt die Kommunikationsabteilung des Unternehmens aber schon ein:

Diese Information bezieht sich auf den Zeitpunkt Ihrer Anfrage am 11. März 2024 und spiegelt den aktuellen Stand des Produktes wider.“

Unilever lässt durch diese Formulierung unseres Erachtens offen, wie lange und für welche Verkaufsaktionen die 1300-Milliliter-Dose noch produziert wird. In Penny-Filialen konnten wir überhaupt keine großen Packungen mehr finden, sondern nur noch 900-Milliliter-Dosen. Wir fragen uns auch, wie langfristig umgesetzt werden soll, dass beide Packungsgrößen zum gleichen Preis verkauft werden. Vorstellbar ist unseres Erachtens lediglich, dass die Familienpackung nur noch ausnahmsweise zu Sonderaktionen zum Preis der „Normalpackung“ mit 900 Millilitern Inhalt angeboten wird. Dies ist im Lebensmittelhandel durchaus üblich. Wir werden das Angebot in den nächsten Wochen weiter im Blick behalten und prüfen, ob tatsächlich weiterhin Familienpackungen regelmäßig in den Kühltruhen zu finden sind.

Gut zu wissen

Bei unserem Experiment zum Lufteinschlag in industriell gefertigtem Speiseeis im Sommer 2020 hatte das normale Cremissimo Bourbon Vanille übrigens noch eine Füllmenge von 1.000 Millilitern (also 100 Milliliter mehr) und wurde zu einem niedrigeren Preis verkauft. ⇒ Mehr erfahren

Welche Sorten von Cremissimo sind noch betroffen?

Auch bei anderen Cremissimo-Eissorten schrumpfen die Füllmengen. Unilever hat uns mitgeteilt, dass man bei insgesamt 15 Geschmacksrichtungen die Füllmenge von 900 auf 825 Milliliter reduziert hat:

EissorteAlte FüllmengeNeue FüllmengeVersteckte Preiserhöhung
Bourbon Vanille Vegan900 ml825 ml+ 9 %
Strawberry Cheesecake900 ml825 ml+ 9 %
Cookies900 ml825 ml+ 9 %
Salted Caramel900 ml825 ml+ 9 %
Tiramisu900 ml825 ml+ 9 %
Solero900 ml825 ml+ 9 %
Nogger Choc900 ml825 ml+ 9 %
Eierlikör900 ml825 ml+ 9 %
Erdbeer Joghurt900 ml825 ml+ 9 %
Amarena Kirsch900 ml825 ml+ 9 %
Schwarzwälder Kirsch900 ml825 ml+ 9 %
Heidelbeer Vanille900 ml825 ml+ 9 %
Stracciatella900 ml825 ml+ 9 %
Walnuss900 ml825 ml+ 9 %
Schokolade900 ml825 ml+ 9 %

Doch das ist nicht die ganze Wahrheit. Denn auch die neue Sorte Schokolade Haselnuss Vegan und die Sommersorte Mango Maracuja enthalten nur noch 825 Milliliter Eis pro Packung. Beim Eis Erdnuss Banane Vegan schrumpft die Füllmenge von 850 auf 825 Milliliter, was bei gleichem Verkaufspreis einem Preisanstieg von 3 Prozent entspricht. Damit ist das gesamte Cremissimo-Sortiment von Shrinkflation betroffen!

Stellungnahme Unilever vom 11. März 2024 zu Shrinkflation bei Cremissimo

Übrigens

Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass Unilever erst kürzlich den Verkauf seiner Eissparte angekündigt hat. Diese trägt immerhin rund 13 Prozent zum Gesamtumsatz des Konzerns bei. Doch in den letzten Jahren lief das Geschäft für Unilever zunehmend schlechter; der Konzern hat immer weniger Eis verkauft. Ob der Trick mit den versteckten Preiserhöhungen da tatsächlich das Geschäft wieder ankurbelt? Wir haben unsere Zweifel.

Wie haben sich die Rezepturen verändert?

Hersteller erklären oft, dass sich die Rezepturen ihrer Produkte gerändert haben, wenn wir sie auffordern, ihr Vorgehen zu begründen. So auch der Konzern Unilever, der uns in einer Stellungnahme Folgendes schreibt:

„ (...) Wir arbeiten ständig daran, unsere Produkte weiterzuentwickeln und die Qualität zu verbessern. In fast allen Sorten haben wir zum Beispiel den Anteil an Sauce und Stückchen erhöht. Diese Produktverbesserungen führen zu einem Mehrkostenaufwand und damit zu einer Reduzierung der Füllmengen. (...)“

Als ob die Füllmengenreduzierung die zwingende Konsequenz der Rezepturänderung wäre. Das ist sie nämlich nicht. Vielmehr sehen Hersteller (und leider auch der Handel) Shrinkflation in erster Linie als Methode der Wahl an, um Preiserhöhungen zu verstecken. Das offenbart auch ein genauerer Blick auf die Zutatenliste der Cremissimo-Eissorten.

In der Tat hat sich bei den Rezepturen etwas geändert. Ein bisschen mehr Haselnüsse hier, etwas mehr Erdbeersauce da und anderer Stelle ein extra Schuss Eierlikör. Diese Produktverbesserungen sind unseres Erachtens aber sehr überschaubar und rechtfertigen auf keinen Fall versteckte Preiserhöhungen in dieser Größenordnung. Zumal es auch nicht nur Verbesserungen gibt: Bei der Sorte Schokolade beispielsweise steigt zwar der Anteil an Schokoladensauce von 15 auf 16 Prozent, gleichzeitig aber sinkt der Kakaoanteil in den beigefügten Schokostückchen von 70 auf 50 Prozent. Und bei der Sorte Bourbon Vanille, bei welcher der Preis um bis zu 44 Prozent gestiegen ist, hat sich die Qualität überhaupt nicht verbessert.

Wie nachhaltig sind die Produkte von Unilever?

Doch nicht nur mit verbesserten Rezepturen will man Kundinnen und Kunden von Cremissimo überzeugen, auch mit zusätzlichen Auslobungen wie „mit bis zu 40 % gerettetem Eis“ oder „100 % recyclebar“ (in Bezug auf die Verpackung).

Das „gerettete Eis“ scheint eine tolle Aktion gegen Lebensmittelverschwendung zu sein. Dabei handelt es sich laut Unilever um nicht verwendetes Eis aus der Produktion, das aufgrund „innovativer Verfahren“ doch noch für den Verkauf abgefüllt werden kann – und zwar als Eis der Sorte Schokolade. Auf diese Weise könne die Lebensmittelverschwendung um mehrere Tonnen im Jahr reduziert werden. Das klingt beeindruckend, aber ist es das wirklich? Wenn man bedenkt, dass in Deutschland jedes Jahr über 500 Millionen (!) Liter industriell hergestelltes Markeneis verkauft werden (also rund 250.000 Tonnen) und Cremissimo Marktführer in diesem Segment ist, sind mehrere Tonnen sehr, sehr wenig – zumal wir auch nirgends eine konkrete Zahl von Unilever dazu finden konnten. Aus unserer Sicht ist der Slogan „mit bis zu 40 % gerettetem Eis“ deswegen bedenklich und missverständlich.

Gleichzeitig prangt auf vielen Eispackungen von Cremissimo ein Störer mit dem Hinweis „100 % recyclebar“. Auf der Cremissimo-Website schreibt Unilever dazu:Unser Ziel ist es, die beste und gleichzeitig nachhaltigste Eisverpackung für dich zu kreieren.“ Doch bei einer recycelbaren Dose handelt es sich nicht um recyceltes Plastik. Recyclebar bedeutet einfach nur, dass der Kunststoff eingeschmolzen und theoretisch für neue Produkte genutzt werden kann. Dafür ist es jedoch erforderlich, dass die Verpackungen auch tatsächlich recycelt werden – und das ist leider häufig nicht der Fall. Landet die Eisdose in der Umwelt, zersetzt sie sich über viele Jahre hinweg in Mikroplastik. Gibt man sie in die Restmülltonne, wird sie einfach nur verbrannt. Selbst bei der Entsorgung über die Gelbe Tonne (was der richtige Ort wäre) ist es meist so, dass der Plastikbehälter sein Ende in der Müllverbrennungsanlage findet und nicht neu als Kunststoff verwertet wird.

Und was ist bei Magnum los?

Beim Stieleis von Magnum werden zwar weiterhin sechs Stück pro Packung verkauft, aber der Konzern hat das einzelne Eis von 110 auf 100 Milliliter geschrumpft (das gilt übrigens auch für die Einzelpackungen von Magnum). Bei gleichem Preis beträgt die versteckte Preiserhöhung in diesem Fall 10 Prozent. Mindestens vier Sorten sind davon betroffen:

  • Magnum Classic
  • Magnum Almond
  • Magnum Yoghurt & Raspberry
  • Magnum White Chocolate

Auch bei seiner Eismarke Magnum hat Unilever die Füllmengen von Packungen bei gleichem Preis reduziert. Bei der Sorte Magnum After Dinner sind nur noch acht statt bisher zehn Stück à 35 Milliliter in der Sammelpackung. Die UVP (unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers) soll nach Angaben von Unilever gleich hoch bleiben, so dass in diesem Fall das Eis deshalb um 25 Prozent teurer wird! 

Stellungnahme Unilever vom 5. März 2024 zu Shrinkflation bei Magnum

Danke für Ihren Hinweis!

Haben Sie auch Mogelpackungen bzw. versteckte Preiserhöhungen entdeckt? Dann freuen wir uns über eine E-Mail, oder Sie nutzen unser Kontaktformular, um Informationen an uns weiterzugeben. Ob Speiseeis, Spaghetti oder Salami – wir veröffentlichen hier auf unserer Website und in den sozialen Netzwerken regelmäßig aktuelle Beispiele.

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