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Aroma in Lebensmitteln – Geschmack aus dem Chemielabor

Versuchen Sie einmal im Supermarkt ein Fertiglebensmittel ohne Aroma zu finden. Ohne einen Blick ins Kleingeduckte zu werfen, wird das schwierig. In vielen Produkten stecken Aromen, obwohl man es gar nicht vermutet. Wir erläutern, was sich hinter den Aroma-Begriffen verbirgt.

Frau im Labor mit Reagenzgläsern und Pipette

Das Wichtigste in Kürze

  1. Viele Fertiglebensmittel werden mit Hilfe von Aromen aufgepeppt. Die Anbieter senken mit den Zutaten aus dem Chemielabor die Kosten und erreichen einen gleichbleibenden Geschmack.
  2. Aromen prägen das Geschmacksempfinden und regen dazu an, mehr zu essen.
  3. In der Zutatenliste lässt sich erkennen, ob in einem Produkt Aromen stecken. Details zur Zusammensetzung und Herstellung fehlen jedoch. 
  4. Die Verbraucherzentrale erklärt, was sich hinter den Aroma-Begriffen verbirgt.
Stand: 19.08.2024

Wer im Supermarkt ein Fertiglebensmittel ohne das Wort Aroma in der Zutatenliste kaufen will, muss häufig nach der Stecknadel im Heuhaufen suchen und achtsam die Zutatenliste studieren. Ob Fruchtjoghurt oder Gewürzgurke, viele Joghurts schmecken nicht mehr natürlich nach Frucht, kaum eine Gewürzgurke verlässt sich nur auf Gewürze. Zugesetzte Aromen peppen den Geschmack auf. Wir erklären, was es damit auf sich hat. 

Viele Lebensmittel sind aromatisiert

Aromen prägen den Geschmack oder Geruch von Lebensmitteln. Sie werden aus unterschiedlichen Gründen eingesetzt. Einerseits kommen Aromen natürlicherweise in Lebensmitteln vor, zum Beispiel in Kräutern. Auch bei der Essenszubereitung können sich Aromen bilden, zum Beispiel beim Rösten oder Braten. 

Andererseits werden Aromen in der Lebensmittelherstellung bewusst eingesetzt. Schätzungsweise sind etwa 15 Prozent der Lebensmittel in Deutschland aromatisiert. Hersteller können Geschmacksdefizite, die durch die Herstellung, Lagerung und Zubereitung entstehen, ausgleichen sowie einen gleichbleibenden Geschmack garantieren. Aromen in Lebensmittel haben aber auch einen wirtschaftlichen Aspekt. Sie machen die Herstellung vor allem von hochverarbeiteten Lebensmitteln günstiger, weil wertgebende Zutaten eingespart werden können, ohne dass die Verbraucherinnen und Verbraucher geschmackliche Einbußen wahrnehmen können. 

Oftmals werben Hersteller mit Früchten, Nüssen oder Fleisch auf der Verpackung, doch viele Produkte enthalten nur Minimengen davon. Der Geschmack stammt stattdessen aus Aromen. Es gibt knapp 2.700 Aromastoffe. Ein Gramm Aroma reicht etwa für ein Kilogramm Lebensmittel aus. Aromen bestehen nicht nur aus aromatisierenden Stoffen, diese machen häufig nur 10 bis 20 Prozent des Anteils aus. Auch Lösungsmittel, Füllstoffe, Geschmacksverstärker oder Konservierungsstoffe können enthalten sein. Oftmals besteht ein Aroma aus Dutzenden unterschiedlicher Bestandteile.

Manche Produkte, beispielsweise Grundnahrungsmittel wie Obst, Gemüse, Butter oder Milch, dürfen nach europäischen und deutschen Vorgaben nicht aromatisiert werden. 

Aromen machen Produkte billig

Die Anbieter sparen mit den Zutaten aus dem Chemielabor vor allem Kosten. Denn frische Früchte oder Gewürze wie Vanille sind oft sehr teuer. Wenn das Eigenaroma geschmacklich nicht ausreicht, weil man an Zutaten sparen will, wird mit günstigen Aromen nachgeholfen. 

So kann beispielsweise ein Milchdrink mit nur einer Prise Erdbeersaftkonzentrat dank Kunstaroma noch kräftig nach Erdbeere schmecken. Außerdem haben aromatisierte Produkte einen gleichbleibenden Geschmack, was die Haltbarkeit von Fertiglebensmitteln verlängert. Und sie sind immer zu verlässlich kalkulierbaren Preisen erhältlich. Frische Früchte hingegen unterliegen saisonalen Schwankungen, was sich auch auf die Einkaufspreise auswirken kann.

So müssen Aromen gekennzeichnet werden

In der Zutatenliste wird Aroma mit dem Wort „Aroma“ oder einer genaueren Bezeichnung beziehungsweise Beschreibung wie beispielsweise „Erdbeeraroma“ gekennzeichnet. 

Die Werbeaussage „ohne künstliche Aromen“ besagt nicht, dass keinerlei Aromen in einem Produkt enthalten sind. Es können stattdessen natürliche Aromen enthalten sein, die aber auch in einem Labor hergestellt werden. Sie müssen lediglich von natürlichen Rohstoffen stammen, aber nicht aus Lebensmitteln, beispielsweise Erdbeeren. Das können pflanzliche und tierische Ausgangsstoffe oder Mikroorganismen wie Schimmelpilzen als Grundlage sein. Ein natürlicher Ausgangsstoff wäre zum Beispiel auch Holzspäne. Ebenso möglich ist die Herstellung mithilfe gentechnologischer Verfahren.

Hochwertiger ist „natürliches Erdbeeraroma“, bei dem die Herkunft der Grundstoffe genannt wird. In diesem Fall müssen sie zu mindestens 95 Prozent aus Erdbeeren gewonnen werden. Die restlichen fünf Prozent müssen auch natürlichen Ursprungs sein und dürfen nur zur Standardisierung oder zur Verleihung einer frischeren, schärferen oder grüneren Note verwendet werden. 

Ein Aromaextrakt wie beispielsweise Vanilleextrakt wird mithilfe von Lösungsmitteln (Wasser / Alkohol) aus dem ursprünglichen Rohstoff gewonnen (zu 100 Prozent). Aromaextrakt darf auch als „natürliches xx-Aroma“ bezeichnet werden.

Ein Überblick anhand eines Beispiels:
 natürliche Aromennachgemachte Aromen
Bezeichnung auf der VerpackungErdbeerennatürliches ErdbeeraromaNatürliches AromaAroma bzw. Erdbeeraroma
ErklärungErdbeeren, häufig getrocknet oder konzentriertzu mindestens 95 Prozent aus Erdbeeren hergestelltNatürliche Herkunft z.B. aus pflanzlichen oder tierischen Grundstoffen, in der Regel aber nicht aus Erdbeeren Chemisch definierter Stoff oder Gemisch mit Aromaeigenschaften, die das natürliche Erdbeeraroma imitieren
BewertungNatürliche LebensmittelbestandteileNatürlich, aus der namensgebenden Frucht bzw.  Lebensmittel gewonnenNachgemacht, da nicht aus der namensgebenden Frucht oder dem Lebensmittel gewonnenkünstlich hergestelltes Aroma, das teilweise nicht in der Natur vorkommt

Die Zusammensetzung von Aromen muss auf dem Etikett nicht angegeben werden. So lässt sich beispielsweise ein Geschmacksverstärker im Aroma verstecken, ohne dass dieser in der Zutatenliste auftauchen muss. Wir fordern: Damit sich Aromen nicht mehr im Kleingedruckten verstecken können, sollte bei jedem Produkt schon auf der Vorderseite der Packung zu lesen sein, ob es aromatisiert ist. Denn in vielen Produkten steckt unerwartet Aroma. Das zeigen auch die Beispiele in der Bildergalerie.

Übrigens

Sind Sägespäne im Erdbeerjoghurt? Da häufig zu wenig Frucht im Erdbeerjoghurt steckt, hilft die Industrie mit Aromen nach. Die Aromen müssen aber nicht unbedingt aus Erdbeeren stammen. Das ist fast nie der Fall. Zum einen ist die Nachfrage größer als die natürliche Verfügbarkeit von Erdbeeren. Zum anderen wäre die Verwendung von Erdbeeren zur Aromagewinnung nicht nachhaltig, da sie nur einen sehr geringen Gehalt an Aromastoffen aufweisen. Stattdessen kann das Aroma der Erdbeeren mithilfe einer Technologie aus Holz gewonnen werden. Deshalb ist die verkürzte Darstellung, dass Sägespäne im Erdbeerjoghurt sind, falsch. Aber tatsächlich kann im Labor aus Sägespänen „Erdbeeraroma“ hergestellt werden, das dann im Erdbeerjoghurt landet.

Das sind die gesetzlichen Regelungen zu Aromen

Durch die Aromenverordnung (EG) 1334/2008 ist die Herstellung, Verwendung und Kennzeichnung von Aromen seit dem 20. Januar 2011 in der EU geregelt. Sie definiert Aromen als Erzeugnisse, die als solche nicht zum Verzehr bestimmt sind und Lebensmitteln zugesetzt werden, um ihnen einen besonderen Geruch und/oder Geschmack zu verleihen beziehungsweise diese zu verändern. Aromen dürfen dabei keine Gefahr für die Gesundheit darstellen und Verbraucherinnen und Verbraucher durch ihre Verwendung nicht irreführen

Die Verordnung unterteilt Aromen in sechs verschiedene Aromakategorien:

  • Aromastoffe: chemisch definierte Stoffe mit Aromaeigenschaften, die meist im Gemisch und/oder mit anderen Hilfsstoffen zusammen ein Aroma ergeben. Früher wurde zwischen natürlichen, naturidentischen und künstlichen Aromastoffen (Aromen) unterschieden. Nach dem neuen EU-Recht gibt es nur noch Aroma und natürliches Aroma.
  • Aromaextrakte: komplexe Aromastoffgemische. Sie werden beispielsweise aus Kräutern, Gewürzen oder anderen Lebensmitteln gewonnen. Sie können auch aus Nicht-Lebensmitteln gewonnen werden, müssen aber zugelassen werden.
  • Thermisch gewonnene Reaktionsaromen: Erzeugnisse, die durch Erhitzen einer Mischung aus verschiedenen Zutaten in einer chemischen Reaktion entstehen, die nicht unbedingt selbst Aromaeigenschaften besitzen. Von diesen Zutaten muss mindestens eine ein Zuckerbestandteil sein und eine andere eine Verbindung, die Stickstoff enthält, wie beispielsweise tierische oder pflanzliche Eiweiße. 
  • Raucharomen: Erzeugnisse, die aus frischem Rauch durch nachfolgende Kondensation gewonnen werden. Aus diesen sogenannten Primärprodukten werden anschließend gebrauchsfertige Raucharomen hergestellt.
  • Aromavorstufen: aromatisieren nicht unbedingt eigenständig. Sie werden einem Lebensmittel zugesetzt, um dort mit Bestandteilen des Lebensmittels zu reagieren und so eine Aromatisierung zu erreichen.
  •  „sonstige Aromen“: neu eingeführte Kategorie. Sie umfasst Aromen, die in keine der anderen Kategorien fallen, wie etwa grillähnliche Aromen, die durch Erhitzen von Pflanzenölen hergestellt werden.

Das europäische Aromenrecht sieht vor, dass bestimmte Aromen und Ausgangsstoffe erst nach Bewertung und ausdrücklicher Zulassung bei der Herstellung von Lebensmitteln verwendet werden dürfen. Seit Oktober 2014 dürfen nur noch die Aromastoffe eingesetzt werden, die in der Liste der Aromastoffe aufgeführt sind. Aus Lebensmitteln hergestellte Aromaextrakte und Aromavorstufen sowie bestimmte aus Lebensmitteln hergestellte thermische Reaktionsaromen dürfen ohne explizite Zulassung eingesetzt werden.

Aromen können übrigens nicht nur in Lebensmitteln, sondern auch in Kosmetikprodukten, Arzneimitteln oder Tiernahrung eingesetzt werden.

Besondere Vorgaben für Bio-Lebensmittel

Für Bio-Lebensmittel dürfen laut EU-Öko-Verordnung nur Aromaextrakte oder natürliche Aromen eingesetzt werden, die aus dem namensgebenden Ausgangsstoff stammen. Das bedeutet: Wenn ein Bio-Erdbeerjoghurt aromatisiert ist, muss dieser quasi nur aus Bestandteilen der Erdbeeren hergestellt werden. Außerdem muss auch der Trägerstoff für das Aroma zu 95 Prozent aus ökologischem Anbau kommen. Trägerstoffe sind Zusätze, die helfen, Aromen in ein Lebensmittel einzumischen, ohne selbst einen nennenswerten Einfluss auf Aroma oder Lebensmittel zu haben.

Raucharomen sind bedenklich

Raucharomen lassen Lebensmittel wie Würstchen, Fertigsoßen, Chips oder veganen Wurstersatz teilweise rauchig schmecken, obwohl sie nicht geräuchert wurden. Zahlreiche solcher herzhaften Produkte enthalten Raucharoma. Der Einsatz von Raucharoma ist für die Lebensmittelindustrie deutlich günstiger und einfacher, als die Produkte traditionell zu räuchern. 

Laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und Stiftung Warentest enthalten folgende Produkte Raucharoma:

  • Fertigsaucen (z.B. BBQ- oder Worcestershire-Sauce)
  • Fertigsuppen (z.B. Eintöpfe à la „Western Style“)
  • Chips
  • Fleisch, Fisch, Käse
  • Rauchmandeln
  • Getränke
  • Speiseeis
  • Süßwaren

Ein Blick in die Zutatenliste verrät, ob einem Produkt Raucharoma zugesetzt wurde. 

Untersuchungen der EFSA weisen darauf hin, dass Raucharomen gesundheitlich bedenklich sein können. In einer Studie wurden Ende 2023 acht Raucharomen unter die Lupe genommen. Bei keinem der untersuchten Raucharomen konnte eine erbgutverändernde Wirkung ausgeschlossen werden. Dadurch kann das Risiko für Krebs und Erbkrankheiten erhöht sein. Bei sechs von acht untersuchten Proben der Raucharomen fand die EFSA Furan – eine chemische Verbindung, die beispielsweise beim Verglimmen von Holz entsteht. Auch bei den verbleibenden zwei Proben besteht der Verdacht einer erbgutverändernden Wirkung. Wie Raucharoma individuell in einem Körper wirkt, hängt auch von zahlreichen anderen Faktoren wie beispielsweise genetische Aspekte oder Essgewohnheiten ab. 

Eine Beschlussvorlage der EU-Kommission sieht vor, dass ab Sommer 2024 die Raucharomaprimärprodukte in der EU für Lebensmittel verboten werden sollen. Primärprodukte sind die Produkte, aus denen mithilfe von Trägerstoffen die Raucharomen hergestellt werden. Hierfür werden in der Regel Harthölzer genutzt, die unter kontrollierten Bedingungen verglimmen. Der Rauch wird dann so verarbeitet, dass die sogenannten Primärprodukte entstehen. 

Für Milchprodukte, Fleisch und Fisch soll eine Übergangsfrist von fünf Jahren bis zum 1. Juli 2029 gelten; für alle anderen Lebensmittelkategorien von zwei Jahren bis zum 1. Juli 2026.

Um Raucharomen zu meiden, empfiehlt sich eine pflanzenbasierte, abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Nüssen, Hülsenfrüchten und pflanzlichen Ölen. Fertigprodukte sollten nur in Maßen verzehrt werden.

Mehr Aromen, mehr Probleme

Über negative gesundheitliche Auswirkungen ist bislang wenig bekannt, da kaum Langzeitstudien von unabhängigen Einrichtungen vorliegen. Die zunehmend aromatisierten Lebensmittel führen aber zu vielen Problemen:

  • Übergewicht: Aromen regen dazu an, mehr zu essen.
  • Einheitsgeschmack: Aromen prägen das Geschmacksempfinden – vor allem von Kindern. Wer oft aromatisierte Lebensmittel isst, lehnt naturbelassene Produkte eher ab.
  • Nährstoffmangel: Aromen liefern – anders als Früchte – keine Vitamine und Mineralstoffe.
  • Gewöhnungseffekt: Werden häufig aromatisierte Produkte verzehrt, kann sich ein Gewöhnungseffekt einstellen. Bislang gibt es kein Verfahren, um die tatsächliche Aufnahmemenge von Aromen zu bestimmen. 
  • Unverträglichkeit: Aromabegleitstoffe wie Lösungs- oder Extraktionsmittel können allergische oder pseudoallergische Reaktionen hervorrufen, beispielsweise bei Zimtaldehyd oder Pfefferminzöl. Viele Aromen werden mithilfe von Hefen, Pilzen oder Bakterien hergestellt. Diese können auch gentechnisch verändert sein. Dies muss nicht deklariert werden.

Unser Rat

Gehen Sie mit wachsamen Augen durch den Supermarkt und lesen Sie die Zutatenliste der Produkte, die Sie sich in den Einkaufswagen legen. In vielen Produktgruppen gibt es leckere Lebensmittel, die ohne zugesetzte Aromen auskommen.

Schauen Sie genau hin und versuchen Sie herauszufinden, wie viel vom beworbenen Geschmack wirklich im Produkt steckt. Die Menge der Zutaten ist in der Zutatenliste prozentual angegeben. Wird eine Zutat in der Verkehrsbezeichnung des Produkts genannt, muss in der Regel auch der Prozentanteil angegeben werden. Das heißt: Auf dem Etikett eines Erdbeerjoghurts muss stehen, wie viele Erdbeeren prozentual im Joghurt stecken.

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