Dürfen Fitnessstudios Verträge wegen Corona verlängern?
Sie haben den Vertrag mit Ihrem Fitnessstudio fristgerecht gekündigt? Doch dann heißt es: Wegen Corona müssen Sie noch länger Mitglied bleiben und weitere Monatsraten zahlen. Eine solche Vertragsverlängerung müssen Sie nicht akzeptieren. Das sieht auch der Bundesgerichtshof so.
Das Wichtigste in Kürze
- Einige Fitness- und Wellnessstudios verlängern die Laufzeit der Verträge ihrer Kunden um die Dauer der behördlich angeordneten Corona-Schließzeit. Verbraucherinnen und Verbraucher, die ihren Vertrag fristgerecht gekündigt haben, sollen oft für weitere Monate zahlen.
- Rechtlich gilt: Die Laufzeit eines (Erst)Vertrags ist verbunden mit einem konkreten Datum für die Kündigung. Dieses Ausstiegsdatum ist bereits beim Vertragsschluss festgelegt und darf nicht einseitig durch ein Unternehmen geändert werden.
- Die Verbraucherzentrale Hamburg hilft Ratsuchenden, wenn sie Probleme bei der Kündigung ihres Vertrags zur vereinbarten Frist haben.
Bitte beachten Sie, dass dieser Artikel den Stand der Dinge zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wiedergibt.
Immer wieder beschweren sich Sporttreibende bei uns, weil ihnen mitgeteilt wurde, dass sich die Laufzeit ihres Vertrags mit dem Fitnessstudio um die Dauer der behördlich angeordneten Corona-Schließung verlängern würde.
Doch die einseitige Änderung der Vertragslaufzeit durch einen Fitnessstudiobetreiber ist unserer Auffassung nach unzulässig. Für eine Kündigung gelten trotz Corona-Schließzeit die im ursprünglichen Vertrag festgelegten Fristen. Auch der Bundesgerichtshof hat nun dem Versuch der Fitnessstudios, die Vertragslaufzeit einseitig zu verlängern, eine klare Absage erteilt.
Laufzeit ist Laufzeit
Wird ein Vertrag mit einer Laufzeit von zwölf Monaten am 1. April geschlossen, kann er zum 31. März des Folgejahres gekündigt werden. Der festgelegte Zeitraum ist ein wesentlicher Bestandteil des Vertrags. Die Laufzeit kann nur in Absprache mit dem Kunden geändert werden. Doch trotz unserer Meinung nach eindeutiger Rechtslage lassen Fitnessstudios die Verträge ihrer Kunden neuerdings einfach länger laufen.
- Herrn C. schrieb man: „Da Ihr Vertrag die Zahlung von insgesamt zwölf Beiträgen vorsieht, verlängert sich Ihre Mitgliedschaft folglich um die Dauer der Schließung.“
- Frau A., die ihren Vertrag zum 30. September kündigen wollte, erhielt eine Bestätigung für den 30. November 2020 mit dem folgenden Hinweis: „Bitte beachten Sie, dass sich durch das Pausieren das derzeitige Enddatum Ihres Vertrages ändert.“
Bietet Ihnen Ihr Fitnessstudio eine Verlängerung Ihres Vertrags um den Zeitraum der Schließung an, so können Sie sich darauf einlassen, müssen es aber nicht!
Einige Unternehmen argumentieren, dass sie während der Schließzeit keine Mitgliedsbeiträge eingezogen hätten. Das klingt großzügig, ist aber eine Selbstverständlichkeit! Als Fitnessstudiomitglied müssen Sie keine Beiträge leisten, wenn Sie die vertraglich vereinbarten Leistungen nicht nutzen können.
Ebenso verweisen viele Anbieter darauf, dass sie aufgrund der „Störung der Geschäftsgrundlage“ zur Verlängerung des Vertrags berechtigt wären. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 4. Mai 2022 (Az. XII ZR 64/21) jedoch eindeutig klargestellt, dass sich der Vertrag nicht um die corona-bedingte, behördlich angeordnete Schließzeit verlängert. Nach Ansicht des obersten Gerichts hat der Gesetzgeber durch die sogenannte Gutscheinlösung (Art. 240 § 5 EGBGB) eine abschließende Regelung getroffen, um die Auswirkungen der Maßnahmen der COVID-19-Pandemie abzufangen und dabei sowohl die Unternehmens- als die Verbraucherinteressen berücksichtig. Für eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen über Störung der Geschäftsgrundlage ist daneben kein Raum.
Gutschein muss eingelöst werden
Abweichend von der grundsätzlichen Regel „Keine Leistung – kein Geld“ ist am 20. Mai 2020 ein Gesetz in Kraft getreten, dass Unternehmen berechtigt, für die Zeit der corona-bedingten Schließung einen Gutschein in Höhe der entsprechenden Summe auszustellen. Das gilt für Verträge, die vor dem 8. März 2020 abgeschlossen wurden.
Hat man Ihnen für die ausgefallene Trainingsmöglichkeit während der Schließzeit einen solchen Gutschein ausgestellt, so können Sie diesen auch noch vor Ende der regulären Laufzeit Ihres Vertrags einlösen (nach Wiedereröffnung mit den laufenden Beiträgen verrechnen). Haben Sie den Gutschein nicht genutzt, können Sie (seit Januar 2022) die Auszahlung des Betrages verlangen.
Unser Angebot
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