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Wenn der Zahnarztbesuch zu teuer wird

Für teure Zusatzleistungen müssen Zahnarztpaxen ihren Patientinnen und Patienten eigentlich vorab einen Kostenvoranschlag aushändigen. Die Realität sieht leider anders aus. Zwei Betroffene haben uns ihre Geschichten erzählt. Sie könnten die Zahlung der geforderten Beträge verweigern.

Mann beim Zahnarzt

Das Wichtigste in Kürze

  1. Bis auf wenige Ausnahmen gibt es immer eine mögliche Zahnbehandlung, die zu 100 Prozent von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert wird.
  2. Manche Zahnarztpraxen haben sich allerdings angewöhnt, ihren Patientinnen und Patienten Selbstzahlerleistungen als normal zu verkaufen. Daher sollte man immer nach der sogenannten Regelleistung fragen, die die Kasse übernimmt.
  3. Für kostenpflichtige Zusatzangebote müssen Zahnärztinnen und Zahnärzte vorab einen schriftlichen Kostenvoranschlag aushändigen. Tun sie das nicht, kann man die Zahlung verweigern – auch wenn die Leistung erbracht wurde.
Stand: 29.01.2024

Kennen Sie das? Sie gehen mit Schmerzen in eine Zahnarztpraxis, sitzen oder liegen sogar schon auf dem Behandlungsstuhl, das Loch im Zahn ist bereits gebohrt und soll gleich gefüllt werden, und der Zahnarzt erwähnt ganz beiläufig: „Ach, habe ich Ihnen schon gesagt, dass ich Ihnen eine hochwertige Füllung einsetzen werde, die die Krankenkasse nicht vollständig bezahlt? Sie bekommen dann eine Rechnung über Ihren Eigenanteil.“

So etwas hören wir oft, zum Beispiel von Herrn F., der sich einer Wurzelkanalbehandlung unterziehen musste: 

„Herr Dr. K. hat mir während der Behandlung IGe-Leistungen angeboten. Aufgrund der Schmerzen, der Situation auf dem Behandlungsstuhl war es mir weder möglich, nachzufragen, logisch nachzudenken oder eine klare Entscheidung zu treffen. In der ersten Rechnung sollte ich ca. 150 Euro bezahlen. Nach meiner Beschwerde und Hinweis auf meine finanzielle Lage (es war ihm bereits bei der Behandlung bekannt, dass ich lediglich Sozialleistungen beziehe) 90 Euro und nach meiner Darlegung der Vorgaben zu den angewandten Ziffern der zahnärztlichen Gebührenordnung (2400 und 2420) immer noch 36 Euro. Die habe ich inzwischen bezahlt. Allerdings sehe ich eine solche Vorgehensweise als verwerflich an. Gibt es dagegen Maßnahmen, was kann ich eventuell noch unternehmen, um künftige Patienten davor zu schützen?“

Teure Leistungen untergejubelt

Dass der Zahnarzt eine solche Selbstzahlerleistung anbietet, ist nicht verwerflich. Das darf er. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen schreibt dazu auf dem Portal »Kostenfalle Zahn«: „Ist eine Kassenleistung möglich, kann ein Zahnarzt zusätzlich private Leistungen anbieten. Das sind vor allem elektrophysikalisch-chemische Methoden für die Reinigung und Desinfektion der Kanäle und die elektrometrische Längenbestimmung der Kanäle. Dies wird nach der privaten Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) abgerechnet, die Längenbestimmung in einer Sitzung maximal zweimal je Kanal. Nach den entsprechenden GOZ-Ziffern 2400 und 2420 kostet das je nach Steigerungsfaktor zwischen neun und knapp 14 Euro je Kanal.“

Verwerflich an dem Fall von Herrn F. ist die Selbstverständlichkeit, mit der Zahnärzte ihren Patientinnen und Patienten solche Leistungen unterjubeln. Ohne vorherige Aufklärung über die Höhe der Kosten, hätte Herr F. die Rechnungen des Zahnarztes gar nicht bezahlen müssen. Denn laut § 630c des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt: „Weiß der Behandelnde, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist oder ergeben sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte, muss er den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform informieren.“ Der „Dritte“ ist hier die Krankenkasse, die diese Leistung nicht bezahlt; und „Textform“ heißt, der Arzt muss dem Patienten einen schriftlichen Kostenvoranschlag geben. Vor der Behandlung.

Vertrauensverhältnis zum Zahnarzt

Leider akzeptieren Patientinnen und Patienten solche Verstöße gegen Recht und Gesetz in aller Regel, weil sie ihren Zahnarzt bzw. ihre Zahnärztin – mit dessen Arbeit sie ansonsten möglicherweise sehr zufrieden sind – weiter aufsuchen wollen. Das zeigt ein weiterer Bericht eines anderen Betroffenen:

„Ich lag mit offenem Mund auf der Behandlungsliege, hatte Tupfer und Klammern im Mund und konnte gar nicht sprechen. Da sagte er: ‚Ach, habe ich Ihnen schon gesagt, dass diese Füllung besser ist als die Kassenleistung und ein bisschen extra kostet? Ich lasse Sie jetzt überlegen, ob Sie das wollen.‘ Er unterbrach die Behandlung und wartete auf meine Zustimmung. Doch ich konnte gar nicht sprechen, nur nicken oder den Kopf schütteln. Aber was hätte ich machen sollen, ich hatte gar keine Wahl.
Zweimal schon habe ich es noch schlimmer erlebt, bei diesem Zahnarzt und seinem Nachfolger: Für die Erneuerung mehrerer Kronen gaben sie mir Kostenvoranschläge für vollkeramische Kronen, die mehrere tausend Euro kosten sollten. Ich musste sie darauf hinweisen, dass sie mir zunächst einmal die Regelleistung anbieten müssen, die zur Hälfte die Kasse bezahlt, und wenn ich etwas Besseres haben will, ist das Luxus und muss von mir ausdrücklich bestellt werden. Obwohl ich Goldkronen wählte, die etwas teurer waren als die Regelleistung, blieb der Preis dann bei weniger als der Hälfte der zuerst angebotenen Vollkeramik. Mir wurde auch klar, warum: Vollkeramik ist eine ‚andersartige Leistung‘ und wird ganz nach der privatärztlichen Gebührenordnung abgerechnet; meine Wahl einer hochgoldhaltigen Legierung dagegen gilt als ‚gleichartige Leistung‘, für die dasselbe Honorar angesetzt wird wie für die Regelleistung, nur die etwas höheren Materialkosten kommen dazu. Aber welcher Patient weiß das schon? Da dieser Zahnarzt gut arbeitet, bleibe ich trotz dieser Defizite bei ihm und versuche, ihn ein bisschen zu erziehen. Nur vorsichtig, um unser Vertrauensverhältnis nicht zu verspielen…“

Unser Rat

Fragen Sie Ihren Zahnarzt oder Ihre Zahnärztin immer, warum Sie etwas selbst bezahlen sollen, was eigentlich die Regelleistung wäre und warum die nicht ausreicht. Nur wenn Sie auf Ihrem Recht bestehen, voll über die Notwendigkeit oder den besonderen Sinn einer Leistung aufgeklärt zu werden, lernen die Praxen, Sie als mündige Patienten bzw. im Fall von Selbstzahlerleistungen als mündige Kunden zu respektieren.

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