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Prospekte: Anleitung zu ungesundem Essen

Supermärkte und Discounter prägen unsere Einkaufs- und Essgewohnheiten. Doch wer durch die Verkaufsprospekte des Handels blättert, findet vor allem Süßes, Snacks und Alkohol. Empfehlenswerte Lebensmittel wie Obst und Gemüse werden viel seltener beworben. Wir haben in den letzten Wochen jede Menge Werbeblätter angeschaut. Das sind die Ergebnisse.

Verkaufsprospekte von Supermärkten und Discountern (2024)

Das Wichtigste in Kürze

  1. Supermärkte und Discounter bewerben in ihren Prospekten oft Lebensmittel, die eher nicht empfehlenswert sind, wie zum Beispiel Süßes, Snacks und Fleisch oder Wurst. Obst, Gemüse und andere pflanzliche Lebensmittel werden hingegen nur selten abgebildet.
  2. Preisreduzierungen beziehen sich vor allem auf ungesunde Lebensmittelgruppen, insbesondere Süßigkeiten, Snacks und alkoholische Getränke. 
  3. Der Anteil an Produkten mit Bio-Siegel oder Fair-Trade-Label ist in den Werbeblättern der Händler sehr gering.
  4. Die Verbraucherzentrale Hamburg fordert vom Handel, Verbraucherinnen und Verbraucher besser bei einer gesunden und nachhaltigen Ernährung zu unterstützen und nicht durch falsche Anreize das Gegenteil zu bewirken.
  5. Detaillierte Ergebnisse des Marktchecks zum Herunterladen
Stand: 19.09.2024

Verbraucherinnen und Verbrauchern wird es unnötig schwer gemacht, sich ausgewogen und nachhaltig zu ernähren. Das zeigt unser aktueller Marktcheck. Demnach bewerben Supermärkte und Discounter in ihren Verkaufsprospekten zu selten Produkte aus Lebensmittelgruppen, die laut Ernährungspyramide zu bevorzugen sind und stattdessen oft Lebensmittel, die nur in Maßen verzehrt werden sollten. Für die Untersuchung haben wir in den Monaten Mai, Juni, Juli und August insgesamt 3.457 Abbildungen in Werbeblättern von Aldi Nord, Edeka, Kaufland, Lidl, Penny und Rewe erfasst. Dazu wurde jeweils zum Monatsende ein Prospekt von den Internetseiten der Händler heruntergeladen. 

Ernährungspyramide steht Kopf, Süßes und Snacks dominieren

Fast die Hälfte (45 Prozent) der in den Prospekten beworbenen Lebensmittel ist eher nicht empfehlenswert: 30 Prozent der Abbildungen entfallen auf die Lebensmittelgruppe der Genusswaren (Süßes und Snacks, Süße Getränke, Alkohol) und 15 Prozent auf Fleisch- und Wurstprodukte. Fertiggerichte und Convenience-Produkte sind mit einem Durchschnittswert von 14 Prozent ebenfalls häufig zu finden. Obst und Gemüse machen dagegen nur 10 Prozent aus. Auch Brot, Getreide, Kartoffeln und andere Beilagen sind mit einem Anteil von 5 Prozent selten vertreten.

Mit der Werbung in ihren Verkaufsprospekten stellen die Händler die Ernährungspyramide buchstäblich auf den Kopf. Statt Obst, Gemüse und Wasser dominieren Süßes, Snacks und Alkohol.

Die beiden Discounter Aldi und Penny werben mit einem Anteil von 20 Prozent besonders häufig für Süßes und Snacks. Spitzenreiter bei den alkoholischen Getränken ist Kaufland mit einem Anteil von 14 Prozent. Dabei sollten diese Genusswaren, wenn überhaupt, in der täglichen Ernährung nur in kleinen Mengen vorkommen. Alkohol besser gar nicht.

Übrigens

Fußballprodukte? Gar nicht sportlich! Zusätzlich haben wir während der diesjährigen Fußball-Europameisterschaft  Anzeigen von Handelsunternehmen, die Zeitungen beigelegt waren, und weitere Prospekte untersucht, bei denen Produkte mit Fußballmotiven auf der Verpackung beworben wurden. Das Ergebnis: noch mehr Junk-Food und Alkohol! Von 78 „Fußballprodukten“ ließen sich mehr als die Hälfte (41 Produkte) der Kategorie Genusswaren zuordnen, darunter 14 alkoholhaltige Getränke und 19 Produkte aus den Bereichen Süßigkeiten und Snacks. Das ist sogar noch einmal deutlich mehr als im Durchschnitt der anderen Monate.

Zu viel Werbung für Fleisch, zu wenig für Obst und Gemüse

Ernährungsexpertinnen und -experten empfehlen eine überwiegend pflanzliche Ernährung. Doch in den Prospekten der Händler dominiert die Werbung für Fleisch- und Wurstprodukte gegenüber Obst und Gemüse. Bei Lidl entfallen 18 Prozent der Abbildungen auf Fleisch und Wurst, aber nur 7 Prozent auf Obst und Gemüse. Für eine ausgewogene Ernährung müsste das Verhältnis eigentlich umgekehrt sein. Ganz abgesehen davon, dass viele tierische Lebensmittel auch eine Belastung für Klima und Umwelt sind. Rewe ist der einzige Händler, der im Untersuchungszeitraum mehr für Obst und Gemüse (18 Prozent) als für Fleisch- und Wurstprodukte (13 Prozent) wirbt. 

Gleichzeitig befinden sich in den Werbeblättern aller Händler nur wenige Lebensmittel mit Bio-Siegel (8 Prozent), Impulse für Fair-Trade-Label (1 Prozent) finden quasi nicht statt. Die Unternehmen werben zwar oft mit schönen Worten und Bildern für ihr Nachhaltigkeitsengagement, doch viel davon, scheint Augenwischerei zu sein. In den Verkaufsprospekten wird jedenfalls wenig davon geboten. Nur ein Händler setzt mit einem Bio-Anteil von 17 Prozent ein löbliches Zeichen.

Ungesunde Produkte bei Rabatten bevorzugt

Von allen untersuchten Lebensmitteln wurden 1.447 (42 Prozent) sichtbar als preisreduziert dargestellt. Über die Hälfte davon (844 Produkte / 58 Prozent) fallen in die Kategorien Süßes und Snacks, Fleisch sowie alkoholische Getränke. Bei jedem der untersuchten Händler zählen Süßigkeiten und Snacks zu den drei am häufigsten reduzierten Lebensmittelgruppen. 

Unser Fazit

Es ist höchste Zeit, dass der Handel seiner Verantwortung gerecht wird und Kundinnen und Kunden wirklich dabei unterstützt, sich gesund und nachhaltig zu ernähren. Derzeit setzen die Unternehmen völlig falsche Anreize.

Für unsere Auswertung haben wir die Ernährungspyramide des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) als Grundlage verwendet. Sie gibt eine praxisnahe Empfehlung für eine ausgewogene Ernährung und unterteilt Lebensmittel in die Gruppen Getränke, Obst und Gemüse, Getreideprodukte, Tierprodukte, Fett und Extras. Für jede Lebensmittelgruppe wird eine Menge vorgeschlagen, die pro Tag verzehrt werden kann, um eine optimale Nährstoffversorgung zu gewährleisten. Dabei werden die Mengen ganz einfach mit der Hand abgeschätzt: Eine Hand voll Trauben oder eine handtellergroße Scheibe Brote zählen als eine Portion. Die Pyramide umfasst auch weniger empfehlenswerte Lebensmittel wie Süßwaren, Snacks und alkoholische Getränke – allerdings mit höchstens einer Portion pro Tag. Im Gegensatz dazu weist die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) darauf hin, dass es keinen risikofreien Alkoholkonsum gibt. Im sogenannten DGE-Ernährungskreis ist Alkohol daher gar nicht zu finden, ebenso wenig Süßigkeiten und Snackartikel. Für eine gesunde und ökologisch nachhaltige Ernährung sieht die DGE drei Viertel pflanzliche Lebensmittel vor und weniger als ein Viertel tierische Produkte.

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