Wie fair produziert ist Vollmilchschokolade?
Süßer Geschmack, bittere Wahrheit: Beim Kakaoanbau herrschen oft Ausbeutung und niedrige Löhne. Dass ausgerechnet günstige Eigenmarken beim Thema Fair Trade viele bekannte Schokoladenmarken überholen, zeigt unser aktueller Marktcheck.
Das Wichtigste in Kürze
- Viele große Schokoladenmarken wie Lindt und Milka erfüllen soziale Standards nur unzureichend, während kleinere Anbieter wie Dennree, Rapunzel, Die Gute Schokolade und Tony’s Chocolonely deutlich strengere Fair-Trade-Kriterien einhalten.
- Teure Markenprodukte schneiden in Sachen Fair Trade nicht automatisch besser ab; günstige Eigenmarken hingegen tragen häufig das Fairtrade-Siegel.
- Bio-Schokolade punktet zusätzlich beim Tierwohl durch bessere Haltungsbedingungen für Milchkühe, einen höheren Kakaoanteil und den Verzicht auf Aromen.
Vollmilchschokolade ist beliebt. Doch Ausbeutung und Kinderarbeit beim Anbau der Kakaopflanzen trüben den Genuss. Wir haben eine Auswahl an Schokoladentafeln genauer betrachtet und dabei große Unterschiede in Bezug auf Fairness und Transparenz festgestellt. Unser Marktcheck zeigt: Teure Markenprodukte schneiden nicht automatisch besser ab. Oftmals weisen günstige Eigenmarken sogar höhere soziale Standards auf als bekannte Markenhersteller.
Kakao ist mit Blick auf die Produktionsbedingungen ein besonders kritischer Rohstoff aus dem Globalen Süden. Kinderarbeit und der ungeschützte Einsatz von gefährlichen Pestiziden sind nur zwei Beispiele für die gravierenden Missstände.
Nur wenige Hersteller erfüllen strenge Kriterien
Schätzungen zufolge wird Kakaobäuerinnen und Kakaobauern weniger als zehn Prozent des Schokoladenpreises im Supermarkt gezahlt. Nur ein paar Schokoladenanbieter unserer Stichprobe erfüllen strenge Kriterien beim Kakaoanbau und haben sich in der Vergangenheit einen besonders guten Ruf erarbeitet. Ausreichende Löhne, die die Lebenshaltungskosten decken, garantieren nach eigenen Angaben bislang lediglich die Marken Dennree, Rapunzel, Die Gute Schokolade und Tony’s Chocolonely.
Große Marken mit Defiziten bei sozialen Standards
Die Hersteller bekannter Marken wie Lindt und Milka hingegen betreiben zwar oft eigene Anbauprogramme für Kakao, doch deren Anforderungen an faire Arbeitsbedingungen werden immer wieder als unzureichend kritisiert.
Marabou und Milka, die beide zum Konzern Mondelez gehören, tragen das firmeneigene Cocoa Life-Label. Die Vollmilchschokolade von Lindt ist nur mit dem Label des Lindt & Sprüngli Farming Programs versehen; ab 2026 soll zumindest das Rainforest Alliance-Siegel verwendet werden.
Große Markennamen bieten also selten eine verlässliche Orientierung für fair produzierte Lebensmittel. Unabhängige Siegel oder kleinere Anbieter mit ambitionierten Fair-Trade-Zielen bieten diesbezüglich deutlich mehr Sicherheit.
Unser Standpunkt
Verbraucherinnen und Verbraucher wollen keine Kinderarbeit unterstützen. Schokoladenhersteller müssen deshalb sicherstellen, dass ihre Lieferketten insgesamt fair gestaltet sind.
Eigenmarken oft fairer als Markenprodukte
Im Preisvergleich zeigt sich ein weiteres überraschendes Bild. Die mit einem Kilopreis von 36,90 Euro teuerste Schokolade im Marktcheck – ein Produkt von Lindt – weist trotz des hohen Verkaufspreises Defizite bei Umwelt- und Fairnesskriterien auf. Die preisgünstigen Vollmilchschokoladen der Handelsmarken Ja!, Fin Carré, Choceur, K-Classic und Chocóla kosteten im Erhebungszeitraum im Sommer 2025 hingegen nur 99 Cent pro 100-Gramm-Tafel; trotzdem tragen sie durchweg ein Fairtrade-Siegel für den Kakaoanteil.
Das Fairtrade-Siegel sichert Arbeiterinnen und Arbeitern im Kakaoanbau zwar bessere Arbeitsbedingungen und Kakaopreise über dem Weltmarktpreis zu, doch diese sind nicht unbedingt existenzsichernd. Das Geld reicht also oft nicht für die betrieblichen und alltäglichen Ausgaben, die die Kakaobäuerinnen und Kakaobauern haben. Trotzdem bietet das Siegel mehr verlässliche Kriterien als ungelabelte Produkte und ist daher grundsätzlich die bessere Wahl.
Bio-Schokolade überzeugt bei Zutaten und Tierwohl
Neben dem Kakao spielt bei der Produktion von Vollmilchschokolade auch die Milch eine zentrale Rolle. Bei Produkten mit Bio-Siegel ist der Auslauf im Freien für Milchkühe vorgeschrieben. Zudem zeichnen sich die Bio-Schokoladen in der Stichprobe durch einen hohen Kakaoanteil von 33 bis 38 Prozent aus. Gleichzeitig verzichten die Hersteller auf zugesetztes Aroma.
Konventionelle Schokoladen weisen hingegen oft nur den vorgeschriebenen Mindestgehalt von 30 Prozent Kakao auf, sechs von ihnen enthalten Aromastoffe. Selbst die hochpreisige Schokolade von Lindt wird nur mit der Mindestmenge Kakao produziert, enthält aber Aroma – ebenso wie Produkte der Marken Milka, Schogetten und Marabou sowie verschiedene Eigenmarken von Aldi und Edeka.
Unser Rat
Bei Genussartikeln wie Schokolade gilt: Lieber weniger und dafür besser. Wenn Sie Wert auf faire Produktionsbedingungen beim Kakaoanbau und eine tierwohlorientierte Milchwirtschaft legen, sollten Sie zu Vollmilchschokoladen mit Bio- und Fairtrade-Siegel greifen. In unserer Stichprobe erfüllen die Schokoladentafeln von Dennree, Gepa und Die Gute Schokolade beide Kriterien. Tony’s Chocolonely trägt zwar kein Bio-Siegel, setzt jedoch besonders weitreichende Kriterien im fairen Handel um.