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Herbalife: Erfahrungsbericht einer Verbraucherin

Drei Häuser, zwei Autos, eine Diamantuhr – mit Herbalife ist man scheinbar auf der Überholspur des Lebens unterwegs. Eine Verbraucherin hat uns geschrieben, was sie bei einem Herbalife-Seminar erlebt hat.

Stapel von Tablettenpackungen auf einem Tisch
Stand: 30.08.2003

„Ich wurde vor kurzem von einem Berater über das Internet angesprochen, ob ich nicht gern von zu Hause arbeiten möchte für ein kleines Nebeneinkommen. Ich sagte diesem zu und wurde zu einem 2-Tages-Seminar mit Abendessen eingeladen. Die Kosten für dieses Seminar betragen 75 Euro und das, was da vor sich geht, ist nicht normal.“

Tag 1 bei Herbalife: viel Geld für wenig Arbeit?

Ich komme am Hotel an und mir fällt auf, dass sehr viele Leute sich bereits kennen und sich begrüßen, als ob sie die besten Freunde wären. Ich bezahle die 75 Euro und bekomme Werbegeschenke von Herbalife.

Seminarbeginn: Als ich mich dem Seminarraum näherte, hörte ich schon laute Musik. Ich trat in den Raum und das, was ich da sah, verwunderte mich schon sehr. Wie in einer Sekte standen die Leute vor ihren Stühlen und klatschten laut zur Musik, bis der erste Redner auf die Bühne kam. Alle hatten einen Anzug an und einen weißen Anstecker mit den Worten „Ich liebe Herbalife“ auf der Jacke. Es waren Berater. Aber was machen sie denn auf einem Seminar, wo Berater erst ausgebildet werden sollen?, fragte ich mich. Die Hälfte der rund 45 Leute waren bereits Berater. Sie heizten die Stimmung an. Klatschen nach jedem Satz, den der Redner sagt, der natürlich auch Berater ist. Es wird über Mark Hughes berichtet, den Gründer von Herbalife und seinem Lebenstraum, anderen zu helfen. Es wird erzählt, welchen unglaublichen Umsatz die Firma in den Jahren 1980 bis heute gemacht hat, letzes Jahr angeblich von 500 Mio. auf 1.8 Milliarden Dollar ansteigend. Und das alles nur wegen der tollen Produkte und der Marketing-Pläne. Diese Marketing-Pläne, die mich ganz stark an das in Deutschland verbotene Schneeball-System erinnern, werden als super-tolle Marktlücke dargestellt. Redner werden mit lauter Musik und stehendem Applaus begrüßt, es werden Leute nach vorn geholt, die tolle Ergebnisse mit den Produkten erzielt haben und natürlich auch wieder Berater sind. Sie sollen erzählen, was sie mit Herbalife alles geschafft haben. Zum Beispiel Jens, er hat in 3 Monaten 15 kg abgenommen und seine Allergien sind auch weg und alles nur durch Herbalife. „Danke Herbalife“, schreit jeder, nachdem er seine Erfolge berichtet hat, ins Mikrofon. Dann kommen die Leute, die mit Herbalife nebenbei und hauptberuflich arbeiten, und sie erzielen nahezu unglaubliche Verdienste von 600 Euro Nebeneinnahmen bei einem Zeitaufwand von 15 Stunden pro Woche bis zu 10.000 Euro hauptberuflicher Verdienst bei 30 Stunden die Woche.

Kurz vor der Pause wird dann bekannt gegeben, dass in der Pause draußen Herbalife Produkte ausgeschenkt würden. Man solle sie doch bitte probieren! Der Redner nimmt auf der Bühne einen kleinen Becher mit ca. 5 Tabletten zu sich und sagt, dass man die Produkte unbedenklich zu sich nehmen könne, sie seien ungefährliche reine Naturprodukte. Man bekommt in den Pausen Tabletten, Getränke und Joghurts serviert, die man angeblich ohne Bedenken nehmen könne. Es wird aber nicht davor gewarnt, dass man die Produkte erst dann nehmen sollte, wenn man mit einem Arzt darüber gesprochen hat, z.B. bei Kindern, Schwangeren oder stillenden Müttern sowie bei Personen mit chronischem Nierenleiden und Diabetes. Dies steht auf jedem Herbalife Produkt unter dem Punkt „zur Beachtung“.

Nach der Pause wird nun bekannt gegeben, dass es am Ende des Seminars noch ein Essen gibt, wo man sich mit seinem Ansprechpartner, also der Kontaktperson, die mich übers Internet ansprach, treffen würde und alles weitere besprechen könne. Dann werden bis zur nächsten Pause nur Berater vorgestellt, die erzählen, wie einfach man mit Herbalife Geld verdienen kann. In der Pause spricht mich nun meine Kontaktperson an und fragt, wie mir es denn bis jetzt gefallen hat und dass er uns einen Tisch fürs Abendessen reserviert hat. Nun fing er an, mich festzunageln. Er holte ein „International Business Pack“ aus dem Auto mit Vertrag und Produktproben sowie mehreren Infoheften über Herbalife. Das Paket kostete 70 Euro. Damit könne ich die Produkte aber in der ganzen Welt verkaufen. Ich unterzeichnete den Beratervertrag und ging wieder in den Seminar-Raum.

Dort stellte man den Leuten nun Herrn T. (Name geändert) vor, einen Berater, der monatlich so viel Umsatz macht, dass er im Präsidenten-Club von Herbalife ist. Dies ist die höchste Stufe, die man erreichen kann, wenn man im Monat für mehr als 10.000 Euro Produkte kauft. Er erzählte, dass er drei Wohnsitze und Millionen auf dem Konto hat – und das nur durch Herbalife.

Tag 2 bei Herbalife: Produktverkauf leicht gemacht?

Der zweite Tag beschränkte sich auf Wiederholungen des Vortages und einer Schulung, wie man die Produkte am besten an den Mann bringt. Es begann – wie sollte es anders sein – mit Musik und stehendem Applaus.

Nun wurden aber Filme über krebskranke Kinder und Armutsländer gezeigt und damit geworben, dass Herbalife diese ganzen Hilfsorganisationen unterstützen würde und wir als Berater ja einen Teil dazu geben, wenn wir viele Produkte kaufen würden. Das alles ist eine billige Beeinflussung auf Kosten bedürftiger Menschen, die bei einigen Leuten aber zu klappen scheint. Nach den Videos wurden dann wieder Berater aus höheren Klassen vorgestellt und sie sollten nun Tips geben, wie bekomme ich das Produkt an den Mann. Dies taten sie nun den ganzen Tag lang mit Tipps, die sogar einem 15 Jahre alten Schüler einfallen würden.

Bis kurz vor Schluss: Da erschien wieder Herr T. und erzählte, wie er durch Herbalife denn finanziellen Aufstieg schaffte. Er zeigte Zeitungsartikel, in denen McDonalds 10,5 Milliarden Euro Verlust zu verbuchen hatte und bezog diese wiederum auf Herbalife, die ja 1,8 Milliarden Euro Gewinn gemacht haben. Er stellte sich als Wirtschaftsexperte dar und prophezeite den Boom der Wellness-Branche und den ja dann logischen Erfolg der Herbalife-Produkte. Alle die, die hier sitzen, wären genau zur richtigen Zeit da! Dann berichtete er noch über lustige Geschichten aus seinem Leben, zeigte seine drei Häuser und zwei Autos und seine Diamantuhr. Das alles habe er durch Herbalife geschafft und „Sie können das auch! Danke und viel Erfolg!"“, waren seine letzen Worte. Dann bebte der Saal, die Leute waren begeistert von Herbalife. Mir kommt das alles sehr komisch vor. Trotz alledem habe ich diesen Beratervertrag unterzeichnet.

Nach dem Herbalife Seminar: Produkte kaufen zur Qualifizierung?

Am nächsten Tag habe ich mich gleich bei Spiegel Online und im Internet über Herbalife informiert und herausbekommen, dass da eventuell Kontakte zur S.-Sekte bestehen und der Firmen Gründer Mark Hughes an einer Einnahme von Tabletten und Alkohol gestorben ist. Das hatte man mir auf dem Seminar aber verschwiegen! Dann habe ich Berichte von Leuten gelesen, die mit Herbalife ganz und gar keinen Erfolg haben. Ein paar Stunden später ruft mich dann mein Berater an und fragte, wie mir denn das Seminar gefallen hätte und wann ich mich denn zur nächst höheren Beraterstufe qualifizieren möchte. Ich müsse dann bloß in einem Monat für 4.000 Euro oder in zwei aufeinander folgenden Monaten für 2.500 Euro Produkte einkaufen. Davon war vorher aber nicht die Rede. Ich interessierte mich nur für ein nebenberufliches kleines Einkommen, und wenn sich jemand für ein Nebeneinkommen interessiert, hat er bestimmt nicht mal eben 2.500 oder 4.000 Euro im Monat über, um diese Produkte zu kaufen.

Dieser Erfahrungsbericht einer Verbraucherin erreichte uns im August 2003. Die Firma Herbalife verkauft in Deutschland im Direktvertrieb auch heute noch Nahrungsergänzungsmittel, Diätprodukte und Kosmetikartikel.

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