Hamburger Volksbank: Ist das „die große Freiheit“?
Sie haben ein Girokonto bei der Hamburger Volksbank und kürzlich Post bekommen, weil ein neues Kontomodell eingeführt wird? Bei uns haben sich zuletzt vermehrt Verbraucherinnen und Verbraucher deswegen beschwert. Wir erklären, was es mit dem Hausbankmodell auf sich hat und was Sie als Kunde oder Kundin tun sollten.
Das Wichtigsten in Kürze
- Ein neues Kontomodell der Hamburger Volksbank namens „Hausbankmodell“ verspricht Kundinnen und Kunden „die große Freiheit“.
- Im Zuge dessen ändern sich nicht nur die Namen der Girokonten bei der Bank, sondern auch die monatlichen Kontogebühren. Sie steigen teils drastisch.
- Nur wer zusätzliche Finanz- und Versicherungsverträge über das Kreditinstitut abschließt, kann seine monatlichen Fixkosten wohl senken. Auf diese Weise versucht die Hamburger Volksbank, die Preissteigerung schönzureden.
- Die Verbraucherzentrale Hamburg kritisiert das Preismodell als intransparent und rät Kundinnen und Kunden, dem neuen Preis- und Leistungsverzeichnis der Bank nicht zuzustimmen.
- Betroffene sollten über einen Girokontenvergleich nach neuen, passenden Angeboten suchen und gegebenenfalls einen Kontowechsel einleiten.
Mit dem sogenannten Hausbankmodell die Gebühren fürs Girokonto erheblich senken oder sogar auf 0 Euro reduzieren, verspricht die Hamburger Volksbank ihren Kundinnen und Kunden. Die Idee dahinter: Wer zusätzliche Verträge über die Volksbank abschließt, soll weniger für sein Girokonto zahlen müssen. Doch viele Verbraucherinnen und Verbraucher sind verärgert. Die meisten Betroffenen können nicht nachvollziehen, welche Kontogebühren künftig auf sie zukommen und wie sich diese beeinflussen lassen. Bei uns häufen sich entsprechende Beschwerden. Wir raten dazu, diese Kröte nicht einfach zu schlucken!
„Große Freiheit“ mit über 50 Prozent Preisaufschlag
Mit ihrem Hausbankmodell will die Hamburger Volksbank in erster Linie drastische Preiserhöhungen schönreden, denken wir. Mitglieder der genossenschaftlichen Bank, die für ihr VR-KomplettKonto inklusive Girocard, Belegbuchungen und kostenlosem Versand der monatlichen Kontoauszüge derzeit noch 7,95 Euro im Monat zahlen, sollen für das sogenannte Große Freiheit PrivatKonto Premium mit identischen Leistungen bald 12,45 Euro monatlich aufbringen. Das ist ein Preisaufschlag von mehr als 50 Prozent. Fast 150 Euro werden dann im Jahr für das Konto fällig. Für Nicht-Mitglieder steigt das jährliche Kontoführungsentgelt für die Premium-Variante von derzeit 10,95 Euro auf sogar 15,45 Euro.
Danke für Ihren Hinweis!
Sie sind auch von den Preiserhöhungen bei der Hamburger Volksbank betroffen? Berichten Sie uns von Ihren Erfahrungen, die Sie im Austausch mit der Bank machen oder bereits gemacht haben. Wir sammeln weiterhin Beschwerden, um einen Überblick zu erhalten.
„Große Freiheit“ mit intransparenten Preisnachlässen
Mit sogenannten Bausteinen sollen Kontoinhaberinnen und -inhaber Ihre Kontoführungsgebühr senken können. In ihrem Schreiben zur Anpassung des Kontomodells kündigt die Bank einen monatlichen Grundpreis zwischen 0 Euro und 9,95 Euro an. Belohnt wird beispielsweise, wer einen Wertpapiersparplan abschließt, Sach- und Vermögenswerte absichert, einen staatlich geförderten Altersvorsorgevertrag unterzeichnet oder einen Immobilienkredit aufnimmt. Auch ein hohes Gesamtvermögen wirkt sich positiv aus.
Doch was konkret zu tun ist, um vom Status „Klassik“ des Hausbankmodells in den Status „Silber“ oder „Gold“ hochgestuft zu werden, erschließt sich vielen Kundinnen und Kunden der Hamburger Volksbank nicht. Zudem widersprechen sich laut Verbraucherbeschwerden die Aussagen der Bankmitarbeiter und -mitarbeiterinnen zum Preismodell teilweise. Wie welche Bausteine bewertet werden und zu welchen Preisnachlässen sie führen, ist völlig unklar! In einem Schreiben, das uns vorliegt, soll beispielsweise ein Kunde für das Große Freiheit PrivatKonto mit Premium-Paket 12,45 Euro pro Monat zahlen, weil er über zwei wichtige Bausteine verfügt. Für einen anderen Verbraucher werden dagegen 12,50 Euro monatlich berechnet, obwohl er bereits drei Bausteine hat.
„Große Freiheit“ mit unnötigen Verträgen
Doch das Kontomodell ist nicht nur verwirrend, gerade für ältere Menschen ist das von der Bank unterbreitete Vertragsangebot auch oft nutzlos. Sie brauchen die vermeintlich wichtigen Bausteine (z. B. Immobilienkredit, Altersvorsorge und Sparplan) aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters oft gar nicht mehr und können ihre Kosten daher nicht reduzieren. Jüngere Menschen wiederum schließen Verträge ab, die sie bei anderen Anbietern vielleicht zu besseren Konditionen bekommen würden.
Unser Rat
Wenn Sie in das aktuelle Preis- und Leistungsverzeichnis der Hamburger Volksbank einwilligen, dürfen Sie sich keinesfalls über „die große Freiheit“ freuen. Vielmehr erwartet Sie eine deftige Preissteigerung, die sich nur durch den Abschluss möglicherweise überflüssiger Verträge abmildern lässt. Wir raten Ihnen davon ab, den neuen Konditionen zuzustimmen. Stattdessen sollten Sie lieber nach einer anderen Bank fürs Girokonto Ausschau halten. Sie können ihr neues Kreditinstitut damit beauftragen, den Wechsel des Kontos mit der Hamburger Volksbank umzusetzen.
"Einstellung" des Kontomodells zum Ende des Jahres
Wohl weil noch sehr viele Kunden nicht zugestimmt haben, geht die Volksbank jetzt einen neuen Weg: Sie teilt per uns vorliegendem Schreiben vom 25.09.2024 mit, dass das Vertragsverhältnis zum 31.12.2024 "ausläuft". Wer aber sein Konto in der Zeit vom 01. - 31.12.2024 aktiv nutze, stimme den neuen Bedingungen konkludent, also stillschweigend zu. Das Konto werde dann zu den neuen Konditionen fortgeführt.
Derzeit ist noch offen, wie die Gerichte diese Vorgehensweise bewerten und welche Konsequenzen sich daraus für das Vertragsverhältnis zwischen Verbraucher:in und Kreditinstitut ergeben. Es gibt bereits erste Gerichte, die bei anderen Banken den Weg (Zustimmung durch Weiternutzen nach Wirksamwerden der Kündigung) für rechtens hielten, weil es sich ansonsten um widersprüchliches Verhalten des Kunden und damit einen Verstoß gegen Treu und Glauben, § 242 BGB, handele.
Grundsätzlich muss die Bank unseres Erachtens aber zunächst einmal überhaupt wirksam kündigen (Kündigungsfrist zwei Monate) und zusätzlich mitteilen, dass das Konto danach noch für einen bestimmten Zeitraum – zum Beispiel einen Monat – weiterläuft. Nutzen Sie das Konto in dieser Verlängerungszeit aktiv, würde das wohl als sogenannte konkludente Zustimmung zur Preisanpassung gewertet.