Was ist Scoring?
Auch Sie haben einen Score-Wert! Sie wissen nicht, was das ist? Wir bringen Licht ins Dunkel und sagen es Ihnen.

Das Wichtigste in Kürze
- Auskunfteien ziehen mit Hilfe personenbezogener Daten Rückschlüsse auf die Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit von Verbrauchern.
- Die Berechnung der sogenannten Score-Werte muss nicht offengelegt werden und bleibt daher undurchsichtig.
- Verbraucher können ihre Score-Daten einmal pro Jahr abfragen und sie – wenn nötig – korrigieren lassen.
Haben Sie schon einmal etwas von Scoring gehört? Nein? Dann, sollten Sie sich schlau machen. Denn von Scoring sind alle betroffen.
Bei Unternehmen werden Daten über das wirtschaftliche Verhalten eines Verbrauchers gesammelt und zu Punktwerten zusammengefasst, den sogenannten Scores. Ein Score entscheidet mit, ob Sie nur gegen Vorkasse einkaufen dürfen oder auch auf Rechnung, ob Sie einen niedrigen oder einen höheren Zins für Ihren Kredit zahlen müssen oder ob Sie vielleicht gar keinen Kredit erhalten. Die Score-Daten können Sie einmal jährlich abfragen – und korrigieren lassen.
Was ist Scoring?
1996 wurde das sogenannte Scoring-Verfahren erstmals von der Schufa eingerichtet. Hergeleitet wurde das Wort aus dem englischen „score“, was so viel wie Punktzahl bedeutet. Mit Scoring bezeichnet werden systematische, in der Regel auf mathematisch-statistischer Analyse von Erfahrungswerten aus der Vergangenheit basierende Verfahren zur Prognose über das zukünftige Verhalten von Personengruppen und Einzelpersonen mit bestimmten Merkmalen. Grundlage des Scoring sind personenbezogene Daten von Personen, über die in der Vergangenheit Erkenntnisse zu der zu prognostizierenden Frage gesammelt wurden. Nach bestimmten Gewichtungen wird ein Score errechnet. Dieser soll Anhaltspunkte über das künftige Zahlungsverhalten eines Kunden geben.
Ein Score entscheidet mit, ob ein Kredit gewährt oder abgelehnt wird. Der Score setzt sich aus verschiedenen Angaben der einzelnen Person zusammen, etwa den vorhergehenden Krediterfahrungen und statistischen Erhebungen. Unter Berücksichtigung aller Angaben wird letztendlich ein Wert erhoben, der je nach dem positiven oder negativen Gesamtbild variiert. Somit gilt der Score-Wert als Anzeiger der Kreditwürdigkeit und wird durch eine Zahl, deren Spannbreite von 1 bis 100 reicht, dargestellt. Eine Person scheint nun umso kreditwürdiger, je höher die Zahl des Score-Wertes ist.
Es gibt zwei Arten von Score-Werten: Die erste Art ist der Basis-Score. Dieser wird in der Eigenauskunft in Prozent angegeben und nicht täglich aktualisiert. Die zweite Art ist der Branchen-Score. Er wird tagesaktuell berechnet. Branchen-Scores wurden 1997 eingeführt und 2001 überarbeitet.
Das Scoreverfahren basiert auf dem logistischen Regressionsmodell, das die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Zufallsereignisses mit zwei möglichen Ausgängen modelliert. Für das Verfahren von 2001 wurden rund 6,7 Mio. anonymisierte Datensätze über eine „Reifezeit“ von 15 Monaten ausgewertet. Von dem Branchen-Scores gibt es wieder sieben verschiedene Arten. Diese sind: Hypothekenbank (HypoScore), Versandhandel, Handel, Telekommunikation, Genossenschaftsbanken/ Sparkassen, Banken und die Schufa-Business-Line.
Warum ist Scoring ein Problem?
Grundsätzlich ist der Score-Wert in verschiedene Risikoklassen eingeteilt. Abhängig von dem Kreditverhalten wird die einzelne Person einer bestimmten Klasse unterstellt. Die Errechnung des angeblichen Risikos eines Verbrauchers erfolgt durch Zuordnung zu einer Vergleichsgruppe mit identischen Merkmalen. Für jede Gruppe ergibt sich am Ende ein bestimmtes Risiko. Die Schufa berechnet außerdem unterschiedliche Score-Werte aufgrund spezieller Kennzahlen für die verschiedenen Branchen, da sich die ermittelten Ausfallwahrscheinlichkeiten in den jeweiligen Branchen unterscheiden.
Die Schufa ist dabei nur einer von vielen Datensammlern, hier werden nur Informationen über die Vertragstreue gespeichert, dagegen haben andere Unternehmen sich darauf spezialisiert Daten über Beruf, Einkommen, Vermögen oder Familienstand zu sammeln.
Gemeinsam ist allen Scores, dass kaum jemand weiß, wie genau sie errechnet werden. Die Berechnung des Score-Wertes ist undurchsichtig und wird von der Schufa nicht offengelegt. Der Bundesgerichtshof hat 2014 festgelegt, das es sich dabei um ein „schützenwertes Geschäftsgeheimnis“ handelt. Einige Grundbausteine sind jedoch bekannt. Die Anzahl der Girokonten, Kreditkarten und Handyverträge etwa fließen in die Berechnung genauso ein wie laufende Kredite, die Dauer der Kreditbeziehung, die Anzahl der Versandhandelskonten und Wohnungswechsel. Angeblich nicht entscheidungserhebliche Daten sind wohl der Wohnort (wenn nichts anderes vorhanden ist, aber doch wieder), der Beruf, Einkommen, Geschlecht, Alter, Familienstand. Es bestand sogar der Verdacht, dass vielleicht sogar die Anzahl der Scheidungen und die Marke des Autos einfliessen.
Um einen Risikowert zu errechnen, kontrollieren die Datensammler, wie oft Rechnungen in dieser Gruppe nicht bezahlt oder Kredite nicht getilgt wurden. Viele schlechte Zahler in der Gruppe schaden. Auch Verbraucher, die gut verdienen und ihre Rechnungen immer pünktlich zahlen, können abrutschen. Dazu reicht, dass ein Element in der Berechnung schlecht ist, etwa wenn man in einer negativ eingestuften Straße wohnt. Wo viele pünktliche Zahler wohnen, werden auch Nachbarn besser eingestuft. Damit wird jemand, der in einem sozialen Brennpunkt wohnt, von vorneherein mehr für seinen Kredit zahlen müssen.
Bis zum Jahr 2001 ist das Einholen einer Eigenauskunft als negatives Merkmal in das Scoring eingeflossen; nach massiven Protesten stellte die Schufa diese Praxis ein. Jeder Verbraucher kann bei der Schufa die Scoreübermittlung zu seiner Person untersagen. Ob dieser Antrag negative Auswirkungen auf eine spätere Kreditentscheidung hat, ist offen.
Probleme gibt es auch beim Merkmal „Kreditanfrage”. Dieses Merkmal wird immer dann gespeichert, wenn sich jemand bei einer Bank ein konkretes Kreditangebot unterbreiten lässt. Zwar verschwindet die Information schon nach zehn Tagen wieder aus der Schufa-Auskunft, sie bleibt aber noch ein Jahr lang intern gespeichert. Die Schufa verwendet auch diese Information für das Scoring, unabhängig von den Gründen für die Kreditanfrage: Während der eine Verbraucher innerhalb kurzer Zeit drei Kreditangebote einholt, weil er finanziell vor dem Abgrund steht, will der andere vielleicht nur Tarife vergleichen. Beim Scoring werden beide gleich behandelt. Deshalb hat die Schufa jetzt das Merkmal „Konditionenanfrage“ eingeführt, das diese Auswirkungen nicht hat, jedoch von den Banken kaum genutzt wird.
Die ULD-Studie Scoringsysteme weist zu Recht auf eine Reihe von Problemen hin. Verbraucher werden nicht ausreichend über die Bedeutung des Scoring und seine Zusammensetzung informiert. Zudem finden die einschlägigen Rechtsgrundlagen keine Beachtung und Kreditanträge werden z. T. allein aufgrund eines negativen Scoring-Wertes automatisiert abgelehnt, ohne dass eine individuelle Prüfung erfolgt. Zu befürchten sind zudem Diskriminierungen, etwa aufgrund von Rasse, Geschlecht, Alter oder auch Wohnumfeld.
Was muss sich in Sachen Scoring ändern?
Ein erster Schritt zu umfassender Transparenz ist, Verbraucher darüber zu informieren, welche Merkmale ihre Score-Werte bestimmen. In den USA ist das bereits so. Seit April 2010 ist zumindest gesetzlich vorgeschrieben, dass jeder Verbraucher die Möglichkeit hat, einmal pro Jahr seinen aktuellen Scorewert kostenlos abzurufen. Er kann somit alle Einträge überprüfen und gegebenenfalls Fehler beanstanden. Darüber hinaus sollte jeder Betroffene wissen, wann und an welche Vertragspartner der Score-Wert weitergegeben wurde. Damit könnten Betroffene wenigstens in Grenzen nachvollziehen, welche Daten etwa bei einer Entscheidung ihrer Bank zugrunde gelegen haben.
Die Schufa hat jetzt einen Score-Simulator eingerichtet, mit dem man anhand weniger Parameter ein wenig mit seinem Score experimentieren kann, um zu sehen, wo man in etwa steht.
Wie kann man sich gegen falsche Score-Werte wehren?
Derzeit können sich Verbraucher gegen ihre Einstufung per Score praktisch nicht wehren. Es kann sogar negativ wirken, eine Anfrage zu persönlichen Daten zu verweigern. Wir meinen: Es darf nicht sein, dass Verbrauchern durch das Scoring-Verfahren wirtschaftliche Risiken entstehen oder ihnen schlechtere Konditionen angeboten werden.
Unser Rat
Überprüfen Sie Ihren Score jährlich. Fragen Sie bei den Auskunfteien ab, welche personenbezogenen Daten über Sie dort zu welchem Zweck gespeichert sind, woher diese kommen und wer sie erhalten hat. Die Datenübersicht, die Ihnen ausgestellt wird, sollte alle in den letzten 12 Monaten von Unternehmen abgefragten Werte beinhalten.