Nahrungsergänzungsmittel vom Arzt?
Jeder dritte Teilnehmer einer Umfrage der Verbraucherzentralen hat von seinem Arzt in der Sprechstunde schon einmal Gratisproben von Nahrungsergänzungsmitteln erhalten. Doch das darf eigentlich nicht sein.

Das Wichtigste in Kürze
- Bei einer Umfrage der Verbraucherzentralen gaben viele Patienten an, dass ihre Arztpraxen Gratisproben für Nahrungsergänzungsmittel verteilen.
- Nahrungsergänzungsmittel gelten als Lebensmittel, werden jedoch leicht mit Medikamenten verwechselt.
- Ärzte dürfen im Rahmen ihrer ärztlichen Tätigkeit Nahrungsergänzungsmittel weder empfehlen noch verkaufen.
Jeder dritte Teilnehmer einer Umfrage auf dem Verbraucherzentralen-Portal „Klartext Nahrungsergänzung“ hat von einem Arzt in der Sprechstunde schon einmal Gratisproben von Nahrungsergänzungsmitteln erhalten. Dieses Vorgehen der Ärzte kann nach unserer Auffassung als Verstoß gegen ihr Berufsrecht gewertet werden. Denn nicht nur der Verkauf, sondern auch die bloße Werbung für Nahrungsergänzungsmittel – wie die kostenlose Abgabe – sind grundsätzlich untersagt. Wir meinen: Eine Arztpraxis darf kein Krämerladen für Gesundheitsprodukte sein!
Erst geschenkt und dann gekauft
25 Prozent der Umfrageteilnehmer erhielten eine Gratisprobe, weiteren 10 Prozent wurde sogar mehrmals eine kostenlose Probepackung in der Sprechstunde angeboten. Rund die Hälfte dieser Patienten (17 Prozent) hat das angebotene Nahrungsergänzungsmittel anschließend auch gekauft. Offensichtlich verstehen Patienten die Gratisprobe häufig als ärztliche Empfehlung für den Kauf genau dieses Nahrungsergänzungsmittels.
Eine solche Kaufempfehlung kann allerdings zur Verwechslung von Nahrungsergänzungsmitteln mit Arzneimitteln führen. Anders als Arzneimittel sollen Nahrungsergänzungsmittel jedoch lediglich die allgemeine Ernährung ergänzen; sie sind nicht dazu bestimmt, Krankheiten zu heilen, zu lindern oder ihnen vorzubeugen. Sie werden auch nicht behördlich auf Sicherheit und Wirksamkeit geprüft und zugelassen. Bei Nahrungsergänzungsmitteln handelt es sich um Lebensmittel und nicht um Medikamente.
Verkauf und Werbung im Sprechzimmer sind untersagt
Vorsicht ist geboten, wenn der Arzt auf ein ganz bestimmtes Mittel drängt und nur dieses angeblich in Frage kommt. Dann liegt ein gewerbliches Interesse des Arztes nahe. In solchen Fällen können Sie sich bei der Verbraucherzentrale beschweren oder sich direkt an die Ärztekammer Ihres Bundeslandes wenden.
Entsprechend ihrer Berufsordnung ist es Ärzten untersagt, im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit Waren abzugeben oder gewerbliche Dienstleistungen anzubieten. Diese Vorschrift soll verhindern, dass das Vertrauen des Patienten in den Arztberuf zum Verkauf von Produkten missbraucht wird. Auch der Verweis an bestimmte Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln, beispielsweise die mündliche Empfehlung oder das Auslegen von Flyern von bestimmten Anbietern oder die Abgabe von kostenlosen Probepackungen, ist nicht erlaubt. Auskünfte zu Produkten sind dem Arzt nur gestattet, wenn Patienten sie gezielt erbitten.
An der nicht repräsentativen Umfrage der Verbraucherzentralen beteiligten sich vom 10. März bis 19. April 2017 insgesamt 435 Verbraucher.
Die Umfrage wurde gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.