Veluvia: Was steckt drin und dahinter?
Die Nahrungsergänzungsmittel von Veluvia aus der TV-Sendung „Die Höhle der Löwen“ werden allerorten beworben. Wir haben uns eines der Produkte einmal genauer angeschaut ...
Die Nahrungsergänzungsmittel Veluvia aus der TV-Sendung „Die Höhle der Löwen“ auf Vox begegnen einem zurzeit allerorten. Ein Coup für die Investoren und die Firma. Dabei sind die Versprechungen der Produkte vage und wissenschaftlich nicht belegt.
Veluvia hat nach der massiven Kritik an seinen Produkten und deren Vermarktung etliche Änderungen auf der Internetseite vorgenommen. Werbeaussagen wie „Frühjahrsputz für den Körper“, „wirkt reinigend und entgiftend“ und „effektive Entgiftungskur“ für das Mittel „Detox“ findet man nicht mehr. Auch bei der irreführenden Auslobung „ohne Zusatzstoffe“ hat die Firma nachgebessert. Bei den Artikelbeschreibungen der einzelnen Produkte steht jetzt „Ohne Zusatzstoffe im Inhalt der Kapsel“. Davor wurde noch mit dem USP „Ohne Zusatzstoffe“ geworben, obwohl der Zusatzstoff E 464 (Hydroxypropylmethylcellulose) verarbeitet wird. Der Hinweis ist auch auf der Startseite verschwunden.
Veluvia: Was steckt drin und dahinter?
Die Nahrungsergänzungen von Veluvia schwimmen mit auf der Erfolgswelle der „Superfoods“. Die Mittelchen in schicken Verpackungen tragen Namen wie „Detox“ oder „Immun“ und versprechen Verbraucherinnen und Verbauchern gesundheitliche Vorteile – „in allen Lebenslagen“. Doch was steckt drin und dahinter? Wir haben uns das Produkt Veluvia „Green“ näher angeschaut und ein bisschen gerechnet.
Mikromengen statt „Deine tägliche Portion Obst & Gemüse“
Veluvia „Green“ besteht aus einem Mix von 14 verschiedenen Obst- und Gemüse-Pulvern und -Extrakten sowie Grüntee-Extrakt – sogar in Bio-Qualität. Was da genau extrahiert wird, ist unklar. Doch uns geht es ohnehin erst einmal um die Menge des Pulvers.
Nach den Angaben von Veluvia liefern zwei der „Green“-Kapseln eine Tagesportion. Zusammen wiegen die beiden Kapseln nach unseren Berechnungen aus den Angaben auf der Internetseite rund 1,1 Gramm.
Beispiel
Bei 2 Prozent Erdbeer- oder 5 Prozent Brokkolipulver – wie deklariert – macht das rund 0,02 Gramm Erdbeerpulver und 0,06 Gramm Brokkolipulver pro Tag. In der 30-Tage-Packung sind es dann sensationelle 0,67 Gramm Erdbeerpulver und 1,68 Gramm Brokkolipulver.
Grob über den Daumen gepeilt könnte das höchstens einem Drittel einer frischen Erdbeere und einem kleinen Einzelröschen Brokkoli pro Monat (!) entsprechen.
Veluvia Green Inhaltstoffe | Menge in einer Tagesportion in Gramm* | Menge in einen Monat in Gramm* |
Bio Grüntee Extrakt 22 % | 0,25 g | 7,41 g |
Bio-Cranberryextrakt 18 % | 0,20 g | 6,06 g |
Bio-Acerolaextrakt 11 % | 0,12 g | 3,71 g |
Bio-Brokkolipulver 5 % | 0,06 g | 1,68 g |
Bio-Knoblauchpulver 3 % | 0,03 g | 1,01 g |
Bio-Baobabfruchtfleisch 3 % | 0,03 g | 1,01 g |
Bio-Spinatpulver 3 % | 0,03 g | 1,01 g |
Bio Schwarze Johannisbeerpulver 3 % | 0,03 g | 1,01 g |
Bio-Quinoapulver 3 % | 0,03 g | 1,01 g |
Bio Zwiebelpulver 3% | 0,03 g | 1,01 g |
Bio-Rote Beete-Pulver 3% | 0,03 g | 1,01 g |
Bio-Erdbeerpulver 2 % | 0,02 g | 0,67 g |
Bio-Apfelmehl 2% | 0,02 g | 0,67 g |
Bio-Hagebuttenpulver 2 % | 0,02 g | 0,67 g |
Bio-Granatapfelpulver 2 % | 0,02 g | 0,67 g |
*errechnet aus den Angaben der Internetseite www.veluvia.com; Tagesportion: 2 Kapseln; Monat: 30 Tagesportionen |
Die Mikromengen sind ein Hohn angesichts des Werbespruchs von Veluvia „Hast Du heute schon genug Obst & Gemüse gegessen?“. Selbst wenn man davon ausgeht, dass das Pulver konzentrierter ist als frisches Obst, sind die Mengen in den Kapseln marginal – dafür sind sie mit 118,70 Euro pro 100 Gramm schön teuer.
Das Unternehmen äußert sich dazu wie folgt: „Veluvia entzieht den verwendeten Obst-und Gemüsesorten (...) das Wasser. Dadurch reduziert sich das Gewicht um ca. 90 bis 98 Prozent je nach Sorte. Zum Teil werden die Gemüsesorten noch weiter konzentriert, das heißt von unnötigen Bestandteilen befreit. Auch wenn sich das von der VBZ genannte Beispiel wenig anhört: es kommt nicht auf die Menge an, sondern auf den Nährstoffgehalt. Veluvia green enthält z.B. nicht nur Vitamin C, sondern auch sekundäre Pflanzenstoffe, wie z.B. Polyphenole.“
Unsere Antwort: Bei unseren Schätzungen haben wir ca. 90 Prozent Wasserentzug berücksichtigt und trotzdem kommen wir bei Veluvia Green auf eine Menge im Monat, die zum Beispiel mit ca. einem Drittel einer frischen Erdbeere und einem kleinen Brokkoliröschen vergleichbar ist. Das gilt dann auch für den Nährstoffgehalt. Falls Veluvia Gemüsesorten von unnötigen Bestandteilen befreit, dann liegen im lebensmittelrechtlichen Sinne keine Gemüsepulver vor, sodass die Kennzeichnung irreführend wäre.
Was den Vitamin-C-Gehalt angeht, vollbringt Veluvia keine Wunder. Die für eine Tagesportion angegebenen 20 Milligramm Vitamin C sind keine Besonderheit: Die stecken zum Beispiel in einem einzigen dickeren Streifen einer frischen roten Paprika. Und am Ende ist ohnehin unklar, welche wertvollen Inhaltsstoffe nach der Trocknung überhaupt in dem Obst- und Gemüsepulver übrigbleiben? Überstehen Vitamine die Verarbeitung tatsächlich?
Offene Fragen zu den Inhaltsstoffen
Veluvia „Green“ ist laut Herstellerangaben ein Nahrungsergänzungsmittel in Bio-Qualität. Doch legt man auch bei den anderen Produkten von Veluvia darauf einen besonderen Wert? Wir wissen es nicht, bezweifeln es jedoch. Zumindest missverständlich ist da die Werbung mit dem Bio-Siegel unter dem Stichwort Produktqualität. Denn nur eine von neun Nahrungsergänzungen erfüllt offensichtlich die Vorgaben für ein Bio-Produkt.
Für das Produkt Veluvia „Cell“ wird laut Zutatenliste sogar D-α-Tocopherylacetat verarbeitet, das als synthetisches Vitamin-E-Derivat gilt. Passt ein solcher Inhaltsstoff zur proklamierten Natürlichkeit der Produkte?
Auch die Werbung „ohne Zusatzstoffe“ sehen wir kritisch. Zwar sind nach Angaben des Herstellers im Pulver keine Zusatzstoffe enthalten, aber laut Deklaration wird das Überzugsmittel E 464 (Hydroxypropylmethylcellulose) – ein EU-weit zugelassener Zusatzstoff – verwendet.
Gesundheit kann man nicht kaufen
Bei Veluvia werden alle Register zur Vermarktung eines Wundermittels gezogen. Rechtlich wenig angreifbar wird der Gründer in Berichten beispielsweise mit den Worten zitiert „Leute, die mich von vor drei oder vier Jahren kennen, sagen, ich sehe zehn Jahre jünger aus“. Einen Wirknachweis dafür gibt es natürlich nicht. Es wäre lebensmittelrechtlich auch verboten, ein Nahrungsergänzungsmittel damit zu bewerben, dass man nach dessen Einnahme jünger aussieht...
Das Unternehmen äußert sich dazu wie folgt: „Unsere Produkte (...) enthalten deshalb zahlreiche Nährstoffe, wie z.B. Vitamine und Mineralstoffe, aber auch sekundäre Pflanzenstoffe, wie z.B. Flavonoide. „Wirkaussagen“ (sogenannte gesundheitsbezogene Angaben) für diese Nährstoffe, wie z.B. für Vitamin C, Vitamin D, Magnesium wurden von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) wissenschaftlich bewertet und zugelassen. Dabei hat die EFSA die höchsten wissenschaftlichen Standards angesetzt und jeweils zahlreiche Studien bewertet. Unsere Produkte wurden auf Basis dieser Studien entwickelt und werden mit diesen von der EFSA bewerteten und von der EU zugelassenen Aussagen beworben, weil diese als wissenschaftlich nachgewiesen anzusehen sind.Deshalb kann man guten Gewissens davon ausgehen, dass ein „Wirknachweis“ für die in unseren Produkten enthaltenen Nährstoffe besteht.“
Unsere Antwort: In der Tat gibt es von der EU zugelassene gesundheitsbezogene Aussagen. Sehr viele davon beziehen sich auf Vitamine und Mineralstoffe. Soweit ist die Aussage von Veluvia korrekt. Doch für sekundäre Pflanzenstoffe wie Flavonoide, auf die das Unternehmen ebenfalls hinweist, gibt es keine einzige zugelassene Gesundheitsaussage! Nicht umsonst musste Veluvia an seiner Website Korrekturen vornehmen – zahlreiche gesundheitsbezogene Aussagen entsprachen eben nicht den Vorgaben der EU.
Unser Fazit
Uns erschließt sich der Nutzen durch Veluvia nicht. Wer sich ausgewogen ernährt und zum Beispiel täglich Obst und Gemüse isst, benötigt keine Nahrungsergänzungsmittel. Im Umkehrschluss können Kapseln keine ausgewogene Ernährung ersetzen. Wer also an einem Nährstoffmangel leidet, sollte an anderen Stellschrauben drehen. Ein paar teure Kapseln zu schlucken, hilft an dieser Stelle nicht weiter.
Für uns ist die TV-Show auf Vox die „Butterfahrt“ des digitalen Zeitalters. Verbraucherinnen und Verbrauchern werden subtil und mit viel Tamtam überteuerte und häufig nutzlose Produkte angedreht. Fallen Sie nicht darauf herein!