Wie gefährlich sind Nahrungsergänzungsmittel?
Jedes Jahr geben die Deutschen eine Menge Geld für Nahrungsergänzungsmittel aus. Vor allem vermeintliche Immun-Booster und auch Produkte mit Cannabidiol (CBD) liegen aktuell im Trend. Doch in ihrer Werbung versprechen die Hersteller oft mehr als wissenschaftlich bewiesen ist und manchmal sind bestimmte Substanzen in den Mitteln sogar verboten.
Das Wichtigste in Kürze
- Verbraucher und Verbraucherinnen ärgern sich bei Nahrungsergänzungsmitteln besonders über die vollmundigen Werbeversprechen.
- Vor allem Anbieter, die ihre Produkte in Online-Shops, über Social Media oder im Direktvertrieb verkaufen, versprechen viel und halten wenig. Manche Nahrungsergänzungen sind sogar mit verbotenen Substanzen wie CBD angereichert.
- Die Verbraucherzentralen fordern umfangreiche Maßnahmen, um Verbraucherinnen und Verbraucher besser vor Gesundheitsgefahren und Täuschung zu schützen.
- Mehr Infos und Warnungen veröffentlichen die Verbraucherzentralen auf dem Portal Klartext Nahrungsergänzung.
Hauptärgernis für viele Verbraucher und Verbraucherinnen bei Nahrungsergänzungsmitteln sind vollmundige Werbeversprechen, insbesondere bei Produkten, die in Online-Shops, auf Social Media oder im Direktvertrieb angeboten werden. Denn entgegen übertriebener Behauptungen wie „verschafft massive Muskelzunahme“, „Schönheit von innen“ oder „Gelenkbeschwerden lösen sich auf“ können die Produkte keine Wunder bewirken. Anders als Arzneimittel dienen Nahrungsergänzungsmittel auch nicht der Vorbeugung oder Behandlung von Erkrankungen und gelten rechtlich als Lebensmittel.
Dennoch bewerben die Hersteller ihre Nahrungsergänzungen teils mit unzulässigen Gesundheitsversprechen oder reichern sie gar mit verbotenen Substanzen an. Die Brisanz des Problems machte beispielsweise eine europaweite amtliche Kontrollaktion im Jahr 2018 deutlich. Die Behörden fanden fast 800 nicht verkehrsfähige Angebote bei 1.100 geprüften Internetseiten.
Heilende Wirkungen nicht belegt
Trotzdem steigt der Absatz von Nahrungsergänzungsmitteln. Immer mehr Menschen in Deutschland greifen zu Kapseln, Pulvern oder Shakes. Eine im Februar 2022 veröffentlichte repräsentative Befragung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zeigt: Ein Drittel der Deutschen nimmt mindestens einmal pro Woche Vitamine als Nahrungsergänzungsmittel zu sich, jede sechste Person sogar täglich.
Verbraucher und Verbraucherinnen erwarten aufgrund der Werbung und Aufmachung vieler Nahrungsergänzungsmittel, dass diese Produkte krankheitslindernde oder -heilende Wirkungen bieten. Dabei sollen sie lediglich eine unzureichende Versorgung mit Nährstoffen ausgleichen.
Gut zu wissen
Aktuell liegen besonders Nahrungsergänzungsmittel mit dem Hanf-Inhaltsstoff CBD im Trend, die auch teilweise in Drogeriemärkten zu finden sind. Wir raten von einem Kauf ab! Schließlich gelten Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel mit CBD als „Novel Food“ (neuartiges Lebensmittel) und bedürfen somit einer Zulassung. Diese ist bislang noch nicht erfolgt. Auch gesundheitliche Risiken sind nicht auszuschließen.
Wie brisant das Thema Nahrungsergänzungsmittel ist, zeigen die veröffentlichten Warnungen und Untersuchungen der Verbraucherzentralen zu riskanten Mitteln mit gefährlichen und zum Teil illegalen Zutaten wie Schlankheitskapseln mit Sibutramin oder zu unseriösen Vertriebswegen wie Abofallen oder die Bewerbung von Influencern und Influencerinnen auf Social Media.
Direktvertrieb und Internethandel besonders problematisch
Werden Nahrungsergänzungen im Direktvertrieb – oft von Freunden, Verwandten und Bekannten zuhause – angeboten, ist es besonders schwer, rationale unbeeinflusste Überlegungen zur Notwendigkeit derartiger Produkte anzustellen. Mündliche Werbeaussagen und Empfehlungen der selbstständigen Verkäufer, bei denen es sich oftmals um Laien handelt, sind von den zuständigen Behörden kaum überprüfbar.
Auch die Wahrscheinlichkeit Nahrungsergänzungsmittel im Internet zu finden, die bedenklich sind, ist sehr hoch. Bei einer europaweit koordinierten amtlichen Kontrolle von Lebensmittelangeboten überprüften die Behörden im September 2017 fast 1.100 Webseiten und ermittelten insgesamt 779 Produktangebote, die nicht verkehrsfähig waren. Davon betrafen 428 nicht zugelassene neuartige Lebensmittel wie beispielsweise den angeblichen Appetithemmer Hoodia und 351 Nahrungsergänzungsmittel mit unzulässigen Gesundheitsversprechen zu Knochen und Gelenken.
Unsere Forderungen
Verbraucher und Verbraucherinnen haben ein Recht auf sichere Lebensmittel. Um sie bezüglich Nahrungsergänzungsmitteln besser vor Gesundheitsgefahren und Täuschung zu schützen, fordern die Verbraucherzentralen über verstärkte amtliche Kontrollen hinaus:
- Nahrungsergänzungsmittel vor dem ersten Inverkehrbringen auf ihre Sicherheit, die Kennzeichnung und die Werbeaussagen zu überprüfen!
- Ein öffentlich zugängliches Verzeichnis aller zugelassenen Nahrungsergänzungsmittel etablieren!
- Eine Meldestelle für unerwartete (Neben-) Wirkungen von Nahrungsergänzungsmitteln einrichten!
- Höchstmengenregelungen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln festlegen!
- Eine Positivliste für „sonstige Stoffe“ wie Pflanzenzubereitungen (Botanicals) in Nahrungsergänzungsmitteln veröffentlichen!
Das Portal klartext-nahrungsergänzung.de wird gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.