Allianz Perspektive: Entscheidung des BGH
Durch zwei Instanzen und über sechs Jahre lang haben wir uns mit der Allianz über ihre Rentenversicherung Perspektive gestritten. Aus unserer Sicht benachteiligt das Unternehmen bei der Überschussbeteiligung Versicherte mit älteren Verträgen. Jetzt hat der Bundesgerichtshof entschieden: Die praktizierte Überschussbeteiligung ist zulässig.
Das Wichtigste in Kürze
- Die praktizierte Überschussbeteiligung der Allianz bei privaten Rentenversicherungsverträgen ihres „Vorsorgekonzepts Perspektive“ verstößt aus Sicht der Verbraucherzentrale Hamburg gegen die sogenannte Mindestzuführungsverordnung.
- Versicherte mit einem jungen, ab 2017 geschlossenen Perspektive-Vertrag profitieren unangemessen.
- Nach zwei Urteilen in den Vorinstanzen hat der Bundesgerichtshof jetzt entschieden: Die praktizierte Überschussbeteiligung ist zulässig.
Erwirtschaftet ein Versicherer mehr als erwartet, muss er einen Teil dieser Erträge an seine Kundinnen und Kunden weitergeben. Die sogenannte Überschussbeteiligung ist eine Art Bonus, der bei klassischen Renten- und Lebensversicherungsverträgen zusätzlich zu den Zinserträgen (Garantiezins) gezahlt wird. Die Allianz schüttet diese Überschüsse bei den Rentenversicherungen ihres „Vorsorgekonzepts Perspektive“ unserer Meinung nach unausgewogen an ihre Versicherten aus. Wir haben den Versicherungskonzern deshalb verklagt. Nach einem insgesamt sechs Jahre währenden Verfahren hat der Bundesgerichtshof jetzt entschieden (Az. IV ZR 436/22): Die von der Allianz praktizierte Überschussbeteiligung ist zulässig.
Leider konnten wir den BGH nicht von unserer Rechtsauffassung überzeugen. Aber immerhin ist nun geklärt, wie die Überschüsse verwendet werden dürfen. Wir befürchten jedoch, dass sich das Urteil zum Nachteil der Verbraucherinnen und Verbraucher auf den Vertrieb von Rentenversicherungen auswirken wird. Die begünstigte Überschussbeteiligung von jüngeren Verträgen könnte Schule machen und Vertriebskräfte dies als absatzförderndes Argument nutzen. Dadurch wird eine kapitalbildende Versicherung aber immer noch nicht zu einem bedarfsgerechten Produkt.
Verträge ab 2017 erhalten höhere Überschussbeteiligung
Kundinnen und Kunden mit einem jungen Perspektive-Vertrag, der ab 2017 unterzeichnet wurde, erhalten eine höhere Ausschüttung als Versicherte mit einer zwischen 1994 und 2016 abgeschlossenen Police. Verschärfend kommt hinzu, dass die Gelder der älteren Verträge überwiegend den Überschuss generieren und somit einen höheren Anteil an den Überschüssen erwirtschaften als die jüngeren Vertragsgenerationen.
Aus unserer Sicht verstößt die Allianz mit ihrer praktizierten Überschussbeteiligung gegen die Vorgaben von § 6 Abs. 1 Satz 1 Mindestzuführungsverordnung (MindZV). Zudem sehen wir den Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 138 Abs. 2 VAG) durch die Praxis der Allianz verletzt.
Darüber hinaus stritten wir mit dem Versicherer über die Wirksamkeit diverser Klauseln in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen, Produktinformationsblättern und Versicherungsinformationen. Auch hier hat der BGH kein Urteil im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher getroffen.
Verhandlungen vor Gericht
Das Landgericht Stuttgart hatte unserer Klage in erster Instanz teilweise stattgegeben und die Allianz unter anderem zur Unterlassung der Verwendung von Teilen der Klauseln in den Versicherungsbedingungen zum Stornoabzug bei Beitragsfreistellung und Kündigung verurteilt. Hinsichtlich der Überschussverwendung teilte das Landgericht unsere Auffassung hingegen nicht und wies die Klage ab (Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 26. März 2020, Az. 11 O 214/18).
Auch nach dem Urteil das Oberlandesgerichts Stuttgart (Urteil vom 3. Februar 2022, Az. 2 U 117/20) war das Verfahren noch nicht beendet. Nicht nur die Allianz, sondern auch wir legten Revision ein. Nach der mündlichen Verhandlung vor dem BGH gibt es jetzt ein abschließendes Urteil.
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