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Wo ist das Fleisch aus besserer Tierhaltung?

Seit April 2019 kennzeichnen viele Lebensmittelhändler Fleischprodukte einheitlich mit einem freiwilligen Siegel zur Haltungsform. Nun wird die Kennzeichnung zumindest für Schweinefleisch verpflichtend und staatlich kontrolliert. Doch Fleisch aus besserer Haltung bleibt bisher Mangelware im Supermarkt. Wem das Tierwohl am Herzen liegt, hat es schwer beim Einkauf.

Schweine im Sand

Das Wichtigste in Kürze

  1. Die »Haltungsform«-Kennzeichnung des Handels sowie die neue staatliche Tierhaltungskennzeichnung kann Verbraucherinnen und Verbrauchern Orientierung beim Fleischeinkauf geben. 
  2. Doch nur rund 12 Prozent des Fleischangebots in Supermärkten und Discountern stammt von Tieren aus deutlich besseren Haltungsbedingungen. Der größte Teil des verkauften Fleisches wird nur entsprechend der gesetzlichen Mindestanforderungen produziert.
  3. Das staatliche Tierhaltungskennzeichnung sollte es zügig für alle Tierarten geben.
Stand: 29.01.2024

Alle reden vom Tierwohl und artgerechterer Aufzucht von Tieren. Doch Fleisch aus tiergerechter Haltung kaufen, ist noch immer wie die Stecknadel im Heuhaufen suchen. In Supermärkten und Discountern sind die Produkte selbst anderthalb Jahre nach Einführung des Haltungsform-Labels immer noch Mangelware. In einem bundesweiten Marktcheck haben die Verbraucherzentralen im Herbst 2020 geprüft, wie es um das Fleischangebot in den einzelnen Haltungsformen zurzeit bestellt ist. Das Ergebnis war ernüchternd. Die Kennzeichnung von 1.767 Produkten wurde begutachtet. Dass die Branche seitdem nur schleppend Fortschritte macht, zeigt der Supermarkt-Check von Greenpeace 2023.

Fleisch aus besserer Tierhaltung selten zu finden 

Ein Marktcheck der Verbraucherzentrale im Jahr 2020 ergab: Mehr als die Hälfte des Frischfleischangebots (51,1 Prozent) – überwiegend Schwein und Rind – ist mit der Haltungsform Stufe 1 gekennzeichnet. Diese Stufe entspricht dem gesetzlichen Mindeststandard. Etwa ein Drittel der Produkte (35,8 Prozent) stammt aus der Haltungsform 2 – meistens Geflügelfleisch. Die Anforderungen hierfür liegen nur wenig über dem Mindeststandard.

Aus Haltungsform 4 mit den besten Standards kommt lediglich rund 10 Prozent des Angebots. Fleisch mit dem Label Haltungsform 3 ist nur in wenigen Geschäften zu finden. Knapp 3 Prozent der geprüften Ware ist damit gekennzeichnet. Beide Haltungsformen stehen für deutlich bessere Haltungsbedingungen.

Wir meinen: Das ist viel zu wenig und schränkt die Auswahl beim Einkauf erheblich ein. Bei Haltungsstufe 4 handelt es sich meistens um Bio-Fleisch, obwohl auch konventionelles Fleisch aus deutlich besserer Tierhaltung in dieser Kategorie möglich wäre, doch offensichtlich gibt es kaum Anbieter.

Selbst Jahre später hat sich das Angebot von Fleisch aus den Haltungsformen 3 und 4 nicht verbessert, wie Greenpeace in einem Supermarkt-Check im Juli 2023 feststellte.

Gut zu wissen

Mit dem 4-stufigen Haltungsform-Label wird hauptsächlich Fleisch von Schweinen. Rindern, Hühnern und Puten gekennzeichnet, das in den Selbstbedingungstheken ausliegt. Bei Fleisch an Bedientheken sowie Fertigprodukten und Konserven sucht man bislang vergeblich nach der Angabe der Haltungsform. Seit Juli 2021 kann zudem auch Fleisch von Kaninchen und Pekingenten mit der Haltungsform gekennzeichnet werden. Außerdem sind die Siegel stärker als zuvor auch bei Wurst zu finden. Seit 2022 werden auch zunehmend Milch und Molkereiprodukte entsprechend deklariert.

Anfang 2024 wurde die staatliche Tierhaltungskennzeichnung für frisches Schweinefleisch verpflichtend. Es gilt jedoch eine Übergangsfrist bis September 2025, in der noch Produkte ohne die Kennzeichnung verkauft werden dürfen. Die Aufteilung der 4 unteren Stufen ähnelt der des vorherigen Haltungsform-Labels. Darüber hinaus kennzeichnet das staatliche Label Bio-Produkte als fünfte Stufe. 

Kaum Entwicklung im Fleischangebot mit mehr Tierwohl

Seit der Einführung des Haltungsform-Labels im Frühjahr 2019 hat sich das Angebot bis zur Untersuchung 2020 kaum verändert. Damals hatten die Verbraucherzentralen einen ersten Marktcheck durchgeführt. Wie bereits 2019 stammt derzeit mehr als die Hälfte der Fleischprodukte aus Haltungsform 1, gut ein Drittel aus Haltungsform 2. Fleisch aus Haltungsform 3 macht mit drei Prozent einen verschwindend geringen Anteil aus. Haltungsform 4 ist mit gut 10 Prozent etwas häufiger vertreten.

Haltungsform Anteil in %
(2019)
Anteil in %
(2020)
Stufe 156,351,1
Stufe 233,835,8
Stufe 31,72,9
Stufe 48,210,2

Bedeutung der »Haltungsform«-Label

Die vierstufige Kennzeichnung des Handels ist kein Tierwohllabel und kann auch nicht flächendeckend für mehr Tierwohl in den Ställen sorgen. Mehr Platz und Einstreu im Stall sind noch kein Garant für besseres Tierwohl. Für verlässliche Aussagen zum Tierwohl müssen verhaltens- und gesundheitsbezogene Parameter wie beispielsweise Lahmen, Bissverletzungen und Organbefunde in der Tierhaltung und am Schlachthof systematisch erhoben und ausgewertet werden. Eine repräsentative Umfrage der europäischen Verbraucherschutzorganisation BEUC ergab, dass knapp drei Viertel der Verbraucherinnen und Verbraucher sich eine Kennzeichnung der Haltungsform für Tierprodukte wünschen. In Deutschland, wo die Zustimmung zu diesem Vorschlag mit 77 % besonders hoch war, gibt es zwar bereits eine Haltungsform-Kennzeichnung für Eier und für nicht-verarbeitetes Schweinefleisch. Um dem Verbraucherwunsch nach einer Kennzeichnung nachzukommen, muss die Kennzeichnungspflicht schnellstmöglich auf verarbeitete Produkte, auf alle Tierarten und auch das Fleisch in Gastronomie-Betrieben erweitert wird. 

  • Haltungsform 1 „Stallhaltung“ (rot) beschreibt den gesetzlichen Mindeststandard für die Haltung von Schweinen und Masthühnern. Bei Rindern und Puten zeigt Stufe 1 die branchenübliche Haltung an, da es für diese Tierarten keine speziellen Haltungsvorschriften gibt. Ein wenig mehr gibt es aber doch: Die Betriebe müssen zusätzlich am QS-System teilnehmen (bei Rindfleisch erst ab 2020).
  • Haltungsform 2 „StallhaltungPlus“ (blau): Schweine, Masthühner, Puten und Rinder haben etwas mehr Platz im Stall (Beispiel Schwein: + 10 Prozent) und zusätzliches Beschäftigungsmaterial; Kühe dürfen nicht angebunden sein.
  • Haltungsform 3 „Außenklima“ (orange) bedeutet, dass die Tiere neben noch mehr Platz im Stall (Beispiel Schwein: + 40 Prozent) Kontakt mit dem Außenklima haben, beispielsweise in einem überdachten Außenbereich am Stall oder durch eine nach außen offene Stallseite. Auch Futter ohne Gentechnik ist vorgeschrieben.
  • Haltungsform 4 „Premium“ (grün) bietet den meisten Platz im Stall (Beispiel Schwein: + 100 Prozent) und einen tatsächlichen Auslauf der Tiere im Freien. Das Futter ist ebenfalls ohne Gentechnik. In diese Stufe ist Bio-Fleisch einzuordnen. Auch konventionell erzeugtes Fleisch findet sich hier, wenn die Tierhaltung die beschriebenen Anforderungen erfüllt.

Gut zu wissen

Es bleibt noch viel zu tun in Sachen Tierwohl! Die Haltungsbedingungen in der gesamten Nutztierhaltung müssen besser werden. Dazu braucht es ein klares Bekenntnis von Bundesregierung und Bundesländern, für alle Tierarten gesetzliche Mindeststandards sowie Zielwerte für die messbaren Tiergesundheits- und Tierwohlparameter einzuführen und schrittweise verbindlich anzuheben. 

Die staatliche Kennzeichnung auf Schweinefleisch ist ein erster verpflichtender Schritt Richtung mehr Transparenz. Für flächendeckende Verbesserungen in der Tierhaltung wird jedoch nicht nur mehr Transparenz, sondern ein verbessertes Angebot seitens der Industrie und strengere Regulierungen bezüglich Tier- und Umweltstandards benötigt. Zudem sollte die Kennzeichnung möglichst schnell auf alle Tierarten ausgeweitet werden.