Privatkredite: von mir zu dir
Kredite von Privatpersonen für Privatpersonen – vermittelt über Plattformen im Internet. Was ist davon zu halten? Welche Vorteile und welche Risiken gibt es für Kreditnehmer und Kreditgeber? Worauf sollte man achten?
Das Wichtigste in Kürze
- Über Online-Plattformen vermittelte Privatkredite bieten Kreditgebern und Kreditnehmern sowohl Vorteile als auch Nachteile.
- Geldgeber können attraktive Zinsen erzielen, wenn sie Kapital verleihen, müssen dabei jedoch mit einer Ausfallquote rechnen.
- Kreditnehmer erhalten oft günstigere Darlehen, sollten die Konditionen vor Abschluss jedoch genau prüfen.
Im Prinzip funktionieren die Internetseiten für Privatkredite alle ähnlich: Der Kreditnehmer stellt seinen Geldwunsch auf die Website; die Geldgeber wiederum können sich einen Kreditnehmer heraussuchen, den sie für solvent genug halten und unterstützen wollen. Eine Verbraucherin vergibt als Kreditgeber einen Kredit zu beispielsweise fünf Prozent Zinsen (verdient also über Sparzinsniveau) und ein Verbraucher als Kreditnehmer zahlt den Kredit pünktlich wieder zurück (und zahlt weniger Zinsen als an eine Bank).
Was ist von diesen sogenannten peer-to-peer-Krediten zu halten?
Chance für Kreditnehmer
Für Existenzgründer, denen das erforderliche Eigenkapital oder ein Bürge fehlt, kann ein „peer-to-peer“-Kredit eine gute Alternative zu herkömmlichen Krediten sein. Auch für Kreditnehmer, die sich mit einem innovativen Konzept in die Selbstständigkeit wagen wollen oder deren Bonität nicht die beste ist, sind Privatkredite oftmals günstiger als Kredite von der Bank. Ein weiterer Vorteil: Die Laufzeit, Sicherheiten und Zinshöhe können Kreditnehmer selbst aushandeln.
Dennoch: Als Kreditnehmer sollten Sie sich auch über Alternativen bei Ihrer Bank, wie beispielsweise Ratenkredite, informieren.
Chancen für Kreditgeber
Insbesondere in Niedrigzinsphasen ist der Geldverleih an Privatpersonen lukrativ, da viel höhere Zinsen gezahlt werden, als eine Geldanlage bei der Bank verspricht. Außerdem ist die Investitionshöhe gering. Da die meisten Projekte von mehreren Anlegern finanziert werden, können Kreditgeber bereits mit einer Anlage von 50 Euro einsteigen. Hinzu kommt, dass Kreditgeber mit der Vergabe von Privatkrediten genau die Projekte finanzieren können, die ihnen zusagen: ein Projekt aus der Nachbarschaft, die Autoreparatur für ein sympathisches Paar oder die Unterstützung für ein junges Start-Up-Unternehmen.
Bevor Sie aber Geld in ein Projekt investieren, sollten Sie die Projektbeschreibung ausführlich studieren. Erscheint die Kreditsumme für das Vorhaben angemessen? Ist die Rückzahlung realistisch? Da es auch bei Privatkrediten zu Zahlungsausfällen kommen kann, sollten Sie in keinem Fall große Teile Ihres Vermögens investieren. Stellen Sie nur einen kleinen Teil Ihres Geldes einem Projekt zur Verfügung.
Risiken für Kreditnehmer und -geber
Risiko Nummer 1 für den Kreditnehmer
Bei den peer-to-peer Krediten („peer“ engl. = Gleichgestellte) gelten die vom Gesetzgeber und der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für Verbraucherkredite nicht. Weder muss der Effektivzins noch der Betrag, der insgesamt (also inklusive Zinsen und Bearbeitungsgebühr) über die Gesamtlaufzeit zurückzuzahlen wäre, angegeben werden. Damit könnten Anbieter Kosten verschleiern und Kredite anbieten, die hart an der Wuchergrenze sind.
Risiko Nr. 2 für den Kreditgeber und -nehmer:
Die peer-to-peer-Angebote werden mitunter gerade diejenigen suchen, die bei Banken keinen Kredit mehr bekommen – und zwar, weil sie bereits hoch verschuldet sind. Dann aber ist eine neue Kreditaufnahme gerade nicht sinnvoll, weil das Risiko der Überschuldung steigt.
Risiko Nr. 3 für den Kreditgeber:
Für Anleger besteht die Gefahr, dass sie nicht ihr ganzes eingesetztes Kapital zurückerhalten und so statt eines Gewinns Geld verlieren. Bei Banken schwankt die Ausfallquote zwischen 3 und 10 Prozent. Die können den Verlust aber durch ihre anderen Geschäfte wieder auffangen. Für Risikogruppen liegt die Quote mindestens bei 10 Prozent, ist also für eine Privatperson erheblich. Dem geschädigten Kreditgeber bleibt dann nur der mühsame normale Klageweg, wenn der Kunde nicht alles zurückzahlt.
Risiko Nr. 4 für den Kreditgeber:
Sobald häufiger Kredite vergeben werden, gilt ein Kreditgeber womöglich nicht mehr als „privater Geldverleiher“, sondern als gewerblicher Kreditgeber. Das darf man hierzulande aber nur mit einer Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz! Wer häufiger Kredite vergibt, kann also Probleme bekommen. Es stellt sich die Frage, was „häufiger“ bedeutet. Wie oft darf man einen Kredit vergeben, bis man vom „privaten Geldverleiher“ zum „gewerblichen Kreditgeber“ wird?