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Gentechnik – bald ohne Kennzeichnung im Supermarkt?

Die Mehrheit der Deutschen lehnt gentechnisch veränderte Lebensmittel nach wie vor ab. Geht es nach der EU-Kommission, soll es im Supermarkt trotzdem bald Produkte geben, die gentechnisch verändert wurden. Und das ganz ohne Kennzeichnung. Mehr über die Hintergründe – anlässlich der Aktionswochen für gentechnik-freies Essen.

Gentechnik: Labor mit Reagenzgläsern, Pflanzen und Mikroskop

Das Wichtigste in Kürze

  1. Mit der neuen Gentechnik werden Erbinformationen von Pflanzen, Tieren oder anderen Organismen verändert, ohne fremdes Erbgut zu nutzen. Bei der alten Gentechnik werden artfremde Gene in das Erbgut eingebracht.
  2. Die EU-Kommission erwägt ein Ende der Kennzeichnungspflicht für die neue Gentechnik. Das soll in einem Gesetzesentwurf geplant sein, der im Juli 2023 veröffentlicht wurde. Im Februar 2024 haben sich die Abgeordneten des EU-Parlaments mehrheitlich für eine Lockerung der Kennzeichnungspflicht für die sogenannte Neue Gentechnik ausgesprochen.
  3. Der Handel sowie Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland sind jedoch überwiegend gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel.
  4. Ob alte oder neue Gentechnik – die Verbraucherzentrale Hamburg setzt sich für das Vorsorgeprinzip und eine Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln mit genveränderten Zutaten ein. Auch der Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft muss durch strenge Koexistenzregeln gesichert werden.
  5. Aktionswochen für gentechnik-freies Essen vom 13. September bis 13. Oktober: Kostenlose Beratung bei der Verbraucherzentrale unter Tel. (040) 24832-240.
Stand: 13.09.2024

Gentechnik auf dem Teller? Die Mehrheit der Deutschen lehnt gentechnisch veränderte Lebensmittel ab. Daher erfreuen sich Lebensmittel mit dem „Ohne Gentechnik“-Siegel großer Beliebtheit. Trotzdem möchte die EU-Kommission die Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Produkte aufweichen. Ohne die Risiken und mögliche Folgen ausreichend zu berücksichtigen. Auch die Abgeordneten des EU-Parlaments sprachen sich mehrheitlich dafür aus.

Wir beantworten wichtige Fragen zum Thema und sagen Ihnen, bei welchen Lebensmitteln Sie schon heute besonders genau hinschauen sollten, wenn Sie keine Gentechnik auf Ihrem Teller haben möchten.

Was ist neue Gentechnik?

Mit der neuen Gentechnik (Genome Editing) kann das Erbgut gezielt verändert werden. Im Fokus steht besonders die CRISPR/Cas-Methode. Mit dieser kann die gentechnische „Schere“ CRISPR-Cas (Aussprache: Krisper Kas) das Erbmaterial einer bestimmten Stelle schneiden und an dieser Stelle das Erbgut bearbeiten, zum Beispiel einzelne Gene ausschalten, einfügen oder entfernen. Es wird aber im Gegensatz zur alten Gentechnik kein fremdes Erbmaterial eingebaut.

Außerhalb der EU wird die neue Gentechnik teilweise schon ohne Risikobewertung oder Kennzeichnungsvorgaben zugelassen. In den USA sowie Kanada hat man beispielsweise zu Forschungszwecken eine Rapssorte gezüchtet, die gegen ein bestimmtes Unkrautbekämpfungsmittel resistent ist. Auch bei Kartoffeln, Mais, Reis und Weizen sind Freisetzungsversuche nicht ausgeschlossen. Bei der Tierzucht gibt es bereits erste Versuche in einem frühen Stadium, deren Folgen für die Tiergesundheit noch nicht absehbar sind.

Pflanzenzüchterverbände, Unternehmen und Wissenschaft vergleichen die neue Gentechnik mit der normalen Züchtung und fordern von der EU, die neuen gentechnischen Verfahren von der Europäischen Gentechnik-Regulierung auszunehmen. Das sehen wir genauso wie viele Umweltverbände anders. Auch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) äußert sich kritisch: So sei durch die neue Gentechnik erstmalig das ganze Erbgut gleichermaßen und sehr schnell für gentechnische Veränderungen verfügbar. Weiterhin könne das Einfügen neuer Eigenschaften in eine Pflanze immer das potenzielle Risiko bergen, negative Auswirkungen auf Ökosysteme und die biologische Vielfalt zu haben.

Aktionswochen im Herbst

Ein Bündnis aus Verbänden und Initiativen startet vom 13. September bis 13. Oktober 2024 Aktionswochen für eine gentechnikfreie Land- und Lebensmittelwirtschaft. Unter dem Motto „Keine Gentechnik auf unseren Äckern und Tellern“ wird über die Veränderungen in der Lebensmittelerzeugung durch die Deregulierung des EU-Gentechnikrechts informiert. ⇒ Auch bei uns können Sie dann Ihre Fragen zum Thema loswerden: Tel. (040) 24832-240 (Mo und Di 9 - 13 Uhr sowie Do 14 - 17 Uhr).

Welche Chancen und Risiken gibt es bei der neuen Gentechnik?

Die neue Gentechnik weckt Hoffnungen – die Landwirtschaft soll mit ihrer Hilfe nachhaltiger werden, den Hunger in der Welt mindern oder besonders nährstoffreiche Pflanzen kreieren. Das hat auch schon die alte Gentechnik versprochen – und ihre Versprechen nicht gehalten. Hervorgebracht hat sie vor allem herbizidresistente Pflanzen, die mit firmeneigenen Unkrautvernichtungsmitteln behandelt werden können. Ein einträgliches Geschäft für die Saatgut-Konzerne.

Damit Pflanzen resistenter gegenüber Hitze, Trockenheit oder Schädlingen sind, braucht es komplexe Vorgänge in der Pflanze. Ob sich mittels Gentechnik tatsächlich solche Sorten entwickeln lassen?

Die Risiken liegen auf der Hand: So kann es zu ungewollten und unerwarteten Effekten im Organismus kommen, die es bei der konventionellen Züchtung so nicht geben kann. Im Labor sind die Folgen noch überschaubar, aber bei der Freisetzung ins Ökosystem kaum beherrschbar.

Zusätzlich ist die gentechnikfreie Landwirtschaft genau so wie die Bio-Landwirtschaft bedroht. Durch eine strenge Regulierung und Kennzeichnung der neuen Gentechnik muss die EU sicherstellen, dass auch zukünftig eine gentechnikfreie Landwirtschaft möglich ist, und diese vor Kontaminationen durch gentechnisch veränderte Organismen geschützt wird. Nach Affassung des EU-Parlaments sollen Bio-Produkte weiterhin gentechnikfrei bleiben. 

Was ist alte Gentechnik und wo wird sie eingesetzt?

Bei der herkömmlichen Gentechnik werden artfremde Gene mit Hilfe einer sogenannten Genkanone in das Erbgut eingebracht. Auf diese Weise sollen Pflanzen neue Eigenschaften erhalten. Dazu gehört im Wesentlichen eine Resistenz gegen Schadinsekten (Bt-Pflanzen) oder gegen Herbizide. Diese Methode ist sehr ungenau und birgt unerwartete Wechselwirkungen. Unabhängige Langzeitstudien zu Risiken und Wechselwirkungen gibt es häufig nicht.

Die Kulturpflanzen Soja, Mais, Zuckerrüben, Baumwolle und Raps werden dennoch häufig als gentechnisch veränderte Varianten angebaut. Hauptanbauländer sind Nord- und Südamerika sowie Indien und China, wo vor allem Baumwolle wächst, sowie rund vierzig weitere Länder mit überwiegend kleineren Flächen. 

In Europa gibt es laut transGEN für insgesamt 97 gentechnisch veränderte Pflanzen Zulassungen für den Import und die Verwenrdung als Lebens- oder Futtermittel. Nur eine einzige Pflanze (Mais Mon810) ist auch für den Anbau in der EU freigegeben. Beim Soja haben etliche Sorten eine Herbizidresistenz, sodass glyphosathaltige Spitzmittel eingesetzt werden können. Bei der gentechnisch veränderten Zuckerrübe gibt es eine Zulassung für eine herbizidrestistente Linie. Beim Mais sind dutzende Sorten erlaubt, die meist eine Resistenz gegen Insekten oder gegen bestimmte Herbizide haben. Dabei geht es vor allem um das Breitbandherbizid Roundup des Chemiekonzerns Monsanto (heute: Bayer) mit dem Wirkstoff Glyphosat. 

Insbesondere gentechnisch verändertes Soja landet oft als Futtermittel in unseren Ställen. Laut Statistischem Bundesamt wurden im Jahr 2020 fast 4 Millionen Tonnen Sojabohnen nach Deutschland importiert, vor allem aus den Vereinigten Staaten (1,9 Millionen Tonnen) und Brasilien (1,4 Millionen Tonnen).

Welche Produkte mit gentechnisch veränderten Zutaten gibt es im Supermarkt?

Die meisten Deutschen wollen keine gentechnisch veränderten Lebensmittel auf ihren Tellern haben. Produkte mit Gentechnik sind daher eher rar. Die wichtigsten Händler und Discounter gaben uns gegenüber an, dass sie keine solchen Lebensmittel im Sortiment hätten. Trotzdem sind wir in einzelnen Filialen von Rewe und Edeka bei einer Stichprobe im Mai und Juni 2023 fündig geworden; auch in Online-Shops gab es Produkte mit gentechnisch veränderten Zutaten. Die betroffenen Lebensmittel stammen hauptsächlich von amerikanischen Konzernen. In erster Linie sind es Süßigkeiten, Riegel oder Snacks mit Zutaten aus gentechnisch verändertem Soja, Mais oder Zuckerrüben.

  • Reese's von Hershey: Sticks, Peanut Butter Bar XL, Crispy Crunchy, Rounds, Big Peanut Butter Lovers Cup, Peanut Butter Cups Trio, Nutrageous, White Cups 2er, Puffs Frühstückscerealien und Overload
  • Hershey: Dipped Pretzels, Ice Breakers Mints Wintergreen und Cookies'n'Creme
  • Mike and Ike: Original Fruits, Berry Blast, Tropical Typhoon und Mega Mix Sour 
  • Mondelez: Sour Patch Kids Extreme und Grape
  • Nerds: Big Chewy Nerds Candy
  • Herr's: Crunchy Cheestix, Crunchy Cheestix Jalapeño und Jalapeño Flavoured Cheese Curls
  • Just Born: Hot Tamales Cinnamon

Internationale Süßwaren sind bei vielen Menschen sehr beliebt. Wer nicht versehentlich zum „Genfood“ greifen will, sollte unbedingt aufs Kleingedruckte schauen. Bei einzelnen Edeka-Filialen haben wir Riegel der Marke Reese's im Kassenbereich gefunden. In einer Filiale von Rewe haben wir fast 20 Produkte mit gentechnisch veränderten Zutaten ausfindig gemacht, weil es ein Regal mit Lebensmitteln „Made in USA“ gab. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn in den USA  ist der kommerzielle Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen wie Soja, Mais oder Zuckerrüben schon seit 1995 erlaubt.

Übrigens

Auch in vielen Candy-Shops – online wie stationär – sind gentechnisch veränderte Lebensmittel im Verkauf. Teilweise ist die Kennzeichnung mangelhaft. Es fehlen deutsche Übersetzungen für die Zutaten, oder sie sind falsch. Außerdem ist die Kennzeichnung teilweise wenig verlässlich: So werden manche Produkte mal als „mit Gentechnik“ gekennzeichnet und in einem anderen Online-Shop ohne.

Was sagt der Handel zum Thema Gentechnik?

Wir haben im Sommer 2023 den Handel um eine Stellungnahme zum Thema Gentechnik im Sortiment gebeten. Wir wollten zum Beispiel wissen, ob Handelskonzerne wie Edeka, Lidl oder Aldi gentechnisch veränderte Lebensmittel verkaufen und wie sie sich zu dem Vorhaben der EU-Kommission positionieren, in Zukunft Lebensmittel oder Zutaten aus neuer Gentechnik von einer Kennzeichnung auszunehmen.

Die einstimmige Antwort zu gentechnisch veränderten Lebensmitteln im Sortiment war, dass man die ablehnende Haltung der Verbraucherinnen und Verbraucher respektiere. Keiner der von uns befragten Handelskonzerne würde demnach aktuell Gentechnik im Sortiment tolerieren. Und trotzdem haben wir bei einer Stichprobe im Juni 2023 gentechnisch veränderte Produkte in Supermärkten gefunden.

Edeka erklärte, dass es vereinzelt dazu kommen könne, da manche Händler ihr Sortiment eigenständig erweitern würden. Das Unternehmen wollte die betroffenen Händler auffordern, die entsprechenden Produkte aus dem Sortiment zu nehmen. Rewe teilte uns mit, dass auf Nachfrage bei der Marke Hershey's alle Produkte der GVO-Freiheit entsprechen würden, die bei Rewe verkauft werden, und somit nicht kennzeichnungspflichtig seien. Als wir Mitte Juni überprüfen wollten, ob die Händler die entsprechenden Artikel aus dem Sortiment genommen hatten, fanden wir sogar noch weitere ... und das, obwohl Rewe beteuerte, diese Produkte nicht zu dulden. Auch bei Rewe können inhabergeführte Geschäfte das Sortiment um gentechnisch veränderte Lebensmittel ergänzen.

Wie müssen gentechnisch veränderte Lebensmittel in der EU gekennzeichnet werden?

Seit 2004 ist in der Europäischen Union die Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Zutaten bei Lebensmitteln Pflicht. Es gilt die sogenannte prozessorientierte Kennzeichnung: Wenn gentechnisch veränderte Zutaten bei der Herstellung eingesetzt werden, müssen sie gekennzeichnet sein, auch wenn sie nicht mehr im Lebensmittel nachweisbar sind. Enthält ein Lebensmittel oder eine einzelne Zutat mehr als 0,9 Prozent gentechnisch veränderte Anteile, muss es in der Zutatenliste, auf dem Etikett oder auf einem Schild in der Kantine beziehungsweise an der Theke als „gentechnisch verändert“ gekennzeichnet werden.

Doch es gibt Lücken im Kennzeichnungssystem. Werden Zusatzstoffe, Enzyme oder Vitamine mithilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt, muss auf Lebensmitteln, die diese Zutaten enthalten, keine Kennzeichnung erfolgen. Dasselbe gilt für Fleisch, Fisch und Eier, wenn sie von Tieren stammen, die gentechnisch verändertes Futter gefressen haben.

Unser Standpunkt

Die Verbraucherzentrale Hamburg setzt sich für das Vorsorgeprinzip ein. Das gilt auch für das Gentechnikrecht und die neue Gentechnik. Selbst wenn mit genetisch veränderten Pflanzen tatsächlich bessere Ergebnisse im Bereich Haltbarkeit, Resistenz oder Inhaltstoffe erzeugt werden können, sind potenzielle Risiken und Auswirkungen nicht absehbar. 

Wir fordern daher, dass mit Hilfe von gentechnischen Verfahren erzeugte Pflanzen, Organismen und Tiere verbindlich gekennzeichnet werden – das gilt auch für die neue Gentechnik. Nur so lässt sich die Wahlfreiheit für Verbraucherinnen und Verbraucher sichern, und es wäre weiterhin noch Landwirtschaft ohne Gentechnik wie Ökolandbau möglich. Zugleich ist es wichtig, zuverlässige Nachweisverfahren für die neue Gentechnik zu entwickeln.

Wie sollen gentechnisch veränderte Lebensmittel in Zukunft gekennzeichnet werden?

Im Februar 2024 haben sich die Abgeordneten des EU-Parlaments mehrheitlich für weniger Regulierung bei der Kennzeichnungspflicht von mit neuen genomischen Züchtungstechniken (NGT) wie CRISPR/Cas erzeugten Pflanzen ausgesprochen. Während Pflanzen, die mit der alten Gentechnik verändert wurden, weiterhin zu kennzeichnen sind, sollen Produkte der neuen Gentechnik in zwei Gruppen eingeteilt werden. Diejenigen, die als „gleichwertig“ zu herkömmlichen Züchtungen gelten, können ohne Zulassungsverfahren und ohne Kennzeichnung in den Handel kommen. Eine Liste dieser Pflanzen soll im Internet abrufbar werden. Patente auf sämtliche NGT-Pflanzen sollen jedoch nach Auffassung der Abgeordneten verboten werden. 

Das heißt: Die verpflichtende Risikoprüfung und Risikobewertung, Zulassungsverfahren, die Kennzeichnungspflicht, die Rückverfolgbarkeit und das Monitoring genehmigter gentechnisch veränderter Organismen sowie Haftungsregelungen, Transparenz und Wahlfreiheit könnten bald der Vergangenheit angehören. Der Europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA) liegt übrigens bereits ein Antrag auf Importzulassung von mit Crispr/Cas manipulierten Mais vor.

Damit missachtet die EU-Kommission unseres Erachtens das Vorsorgeprinzip und den Wunsch vieler Verbraucherinnen und Verbraucher nach der Wahlfreiheit, wenn es um gentechnisch veränderte Lebensmittel geht. Wir setzen uns daher für eine konsequente Kennzeichnung beim Einsatz von Gentechnik ein, unabhängig davon, ob es sich um alte oder neue Gentechnik handelt. Das wollen auch viele Verbraucherinnen und Verbraucher.

Völlig unverständlich ist der voraussichtliche Vorschlag der EU-Kommission auch im Lichte einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs(EuGH). Noch im Juli 2018 hatte der EuGH festgestellt, dass neue Verfahren wie CRISPR/Cas zur Gentechnik zählen und somit nach Gentechnikrecht und Vorsorgeprinzip reguliert und gekennzeichnet werden müssen. Das Urteil wurde auch von den Verbraucherzentralenbegrüßt. Schließlich sind eventuelle Wechselwirkungen mit der Umwelt vielfach nicht bekannt, und es besteht weiterhin Forschungsbedarf über die Wirkungsmechanismen und Risiken. Mit ihrem Gesetzesentwurf konterkariert die Kommission aus unserer Sicht das Urteil des EuGH.

Warum sich die Industrie für Gentechnik stark macht?

Der Einsatz der Gentechnik in den zurückliegenden Jahren hat gezeigt, dass es in erster Linie um die wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen geht. Exemplarisch hierfür steht der Anbau von gentechnisch verändertem Soja in Nord- und Südamerika. Die Pflanzen sind resistent gegen das Totalherbizid Round-up (Glyphosat) des Chemiekonzerns Monsanto, das gesundheitlich sehr bedenklich ist und in der EU verboten werden soll. Monsanto bescherte sein Soja über Jahre satte Gewinne. Die Landwirte kaufen nämlich praktischerweise sowohl das gentechnisch veränderte, teurere Saatgut als auch das Herbizid bei Monsanto (inzwischen Bayer) ein.

Dabei zeigt der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen wie Soja oder Zuckerrüben in den USA, dass Unkräuter mit der Zeit resistent gegen Glyphosat werden. Da nur dieses eine Pestizid eingesetzt wird, können die zufällig durch Mutation mit Resistenzen ausgestatteten Unkräuter die nicht-resistenten verdrängen, sodass die Erträge rapide zurückgehen. Die Folge: Es muss mehr giftiges Pestizid eingesetzt oder auf alte, noch umweltschädlichere Mittel zurückgegriffen werden. Und auch das ist wieder nur ein Spiel auf Zeit. Wird wieder jahrelang das gleiche Herbizid eingesetzt, werden die Resistenzen wieder zunehmen. Daher fordert die Wissenschaft eine Abkehr von diesem System und eine nachhaltigere Lösung mit vielseitigen Fruchtfolgen, Mischkulturen oder die Anpflanzung von Bodendeckern.

Unser Rat

Wenn Sie sichergehen wollen, dass keine Gentechnik in ihren Lebensmitteln steckt, sollten Sie zu Bio-Lebensmitteln greifen. Bio-Betriebe setzen gemäß den Vorgaben der EU-Öko-Verordnung (noch) keine Gentechnik ein und beziehen sich bezüglich der neuen Techniken auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, wonach es sich auch bei der neuen Gentechnik um gentechnische Verfahren handelt.

Sie können aber auch gezielt nach Produkten mit dem „Ohne Gentechnik“-Siegel Ausschau halten. Das Label, das 1998 erstmals zugelassen wurde, findet sich inzwischen nicht nur auf Milchprodukten oder Eiern, sondern auch auf Geflügel-, Rind- und Schweinefleisch, Wurstwaren, Teigwaren, Käse, Gemüsekonserven, Getreideprodukten, Getränken und Honig. Doch Achtung, das Verfüttern von gentechnisch veränderten Pflanzen ist nur für einen festgelegten Zeitraum vor der Schlachtung verboten. Das bedeutet konkret: Ein Tier darf für eine bestimmte Zeit gentechnisch veränderte Futtermittel fressen, und trotzdem kann das Fleischprodukt im Regal dann mit dem Siegel „Ohne Gentechnik“ deklariert werden. Außerdem dürfen im Futtermittel Zusätze wie Enzyme, Aminosäuren und Vitamine enthalten sein, die mithilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen hergestellt wurden. Auch gentechnisch hergestellte Veterinär-Arzneimittel und Impfstoffe sind erlaubt.

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