Nutri-Score wird ab 2024 besser
Im neuen Jahr können Hersteller, die den Nutri-Score auf die Verpackungen ihrer Produkte drucken, eine aktualisierte Berechnungsmethode nutzen. Wie sich diese auf die Bewertung der Lebensmittel auswirkt, haben wir für Sie zusammengefasst.
Das Wichtigste in Kürze
- Hersteller können ab dem 31. Dezember 2023 eine neue Berechnungsmethode für den Nutri-Score nutzen.
- Beim neuen Nutri-Score sind vor allem die Vorgaben für den Gehalt von Zucker, Salz und Ballaststoffen strenger. Viele Produkte erhalten daher zukünftig einen schlechteren Nutri-Score, bei wenigen verbessert sich die Bewertung.
- Ab 1. Januar 2026 darf nur noch die neue Berechnungsmethode für den Nutri-Score verwendet werden. Bis dahin gilt eine Übergangsfrist.
- Die Verbraucherzentralen fordern eine europaweit verpflichtende Kennzeichnung von Lebensmitteln mit dem Nutri-Score.
Der Nutri-Score darf seit einigen Jahren als freiwillige Nährwertkennzeichnung ohne rechtliche Bedenken in Deutschland verwendet werden. Mindestens 760 Lebensmittelhersteller setzen ihn laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bisher ein. Als einfaches und verständliches Label kann es Verbraucherinnen und Verbraucher beim Einkauf gesünderer Lebensmittel und Getränke unterstützen.
Beim Nutri-Score handelt es sich um eine fünfstufige Skala von einem dunkelgrünen A bis zu einem roten E. Für die Bewertung wird aus wichtigen Nährstoffen eines Produkts eine Gesamtpunktzahl berechnet. Dabei werden auf der einen Seite Nährstoffe einbezogen, die negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben können: der Energiegehalt, Zucker, gesättigte Fettsäuren und Salz. Auf der anderen Seite werden Eigenschaften des Produkts berücksichtigt, die eine positive gesundheitliche Wirkung haben können. Das sind der Ballaststoff- und Eiweißgehalt sowie der Anteil an Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten.
Doch es gab immer wieder berechtigte Kritik an manchen Bewertungen des Nutri-Score. So bekam ein süßes Kakaopulver beispielsweise einen guten Nutri-Score B. Für viele Menschen war dies nicht nachvollziehbar. Die Berechnungsmethode der farbigen Kennzeichnung wurde daher weiter verbessert. Sie soll aktuellen Forschungsergebnissen und Ernährungsempfehlungen Rechnung tragen. Wir haben die wichtigsten Neuerungen zum Jahreswechsel für Sie zusammengefasst.
Zucker wird strenger bewertet
Lebensmittel: Der Zucker-Gehalt von Lebensmitteln wird nun strenger bewertet. Ein Müsli-Riegel mit 22 Gramm Zucker erhält jetzt beispielsweise 6 Zucker-Punkte, vorher waren es 4. Eine Nuss-Nougat-Creme mit 52 Gramm Zucker landet bei 15 Zucker-Punkten, vorher waren es 10. Bis zu 15 Punkte können für die Zuckermenge in einem Produkt vergeben werden. Bisher lag der höchste Wert bei 10. Je höher die Zucker-Punkte ausfallen, desto negativer wirkt sich das letztendlich auf den Nutri-Score aus.
Getränke: Auch bei Getränken wird der Zucker-Gehalt strenger bewertet. Schon bei 11 Gramm Zucker pro 100 Milliliter gibt es die höchste Zucker-Punktzahl 10. Vorher wurde diese erst bei 13,5 Gramm Zucker vergeben. Eine Limonade mit 11,2 Gramm Zucker pro 100 Milliliter bekommt also zukünftig 10 Zucker-Punkte und nicht mehr nur 8.
Gut zu wissen
Für die Berechnung der Punkte des Zucker-Gehalts wird bei der neuen Variante des Nutri-Score weiterhin ein Referenzwert von 90 Gramm pro Tag zugrunde gelegt. Aus unserer Sicht ist dieser Wert viel zu hoch. Er sollte auf 50 Gramm pro Tag herabgesetzt werden. Damit entspräche der Wert auch den aktuellen Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Salz in Lebensmitteln wird strenger bewertet
Der Salz-Gehalt von Lebensmitteln wird zukünftig strenger bewertet. Eine Pizza mit 3,3 Gramm Salz pro 100 Gramm erhält 16 Salz-Punkte; vorher waren es nur 10. Bis zu 20 Punkte können bei der neuen Berechnungsmethode des Nutri-Score für den Salz-Gehalt vergeben werden, zuvor betrug der Maximalwert 10. Wie bei den Zucker-Punkten wirken sich höhere Salz-Punkte negativ auf den Nutri-Score aus.
Außerdem wird für Berechnung Salz als Bezugsgröße und nicht mehr Natrium verwendet. Das erleichtert die Überprüfung des Nutri-Score, da die Gehalte für Salz pro 100 Gramm Lebensmittel direkt aus der Nährwerttabelle übernommen werden können.
Lebensmittel mit weniger Ballaststoffen werden strenger bewertet
Angepasst wurde ebenfalls die Bewertung der Ballaststoffe. Bisher konnten Hersteller mit einem geringen Zusatz an Ballaststoffen den Nutri-Score ihrer Produkte verbessern. Manche Weißbrote erhielten daher trotz wenigen Ballaststoffen einen Nutri-Score A. Damit schnitten sie genauso gut wie die ernährungsphysiologisch wertvolleren Vollkornbrote ab.
Beim neuen Nutri-Score wurde der Mindestgehalt an Ballaststoffen deshalb auf 3 Gramm pro 100 Gramm angehoben. Bisher reichten schon 0,9 Gramm aus. Außerdem gibt es die maximale Zahl von fünf Ballaststoff-Punkten erst ab 7,4 Gramm pro 100 Gramm Lebensmittel. Vorher lag dieser Wert bei 4,7 Gramm. Ein hoher Ballaststoff-Gehalt in Lebensmitteln kann deshalb zu einem besseren Nutri-Score führen.
Viel Protein in Lebensmitteln besser bewertet
Die Bewertung des Protein-Gehalts von Lebensmitteln ändert sich ebenfalls. Lebensmittel benötigen prinzipiell einen höheren Gehalt an Eiweiß, um die Gesamtbewertung des Nutri-Score verbessern zu können. Besonders eiweißreiche Lebensmittel erhalten bis zu 7 Protein-Punkte, die sich positiv auf den Score auswirken. Vorher lag die maximale Punktzahl bei 5.
So bekommt eiweißreiches Fleisch vom Hühnchen mit 20 Gramm Protein pro 100 Gramm nun 7 Protein-Punkte, die den Nutri-Score verbessern. Zuvor wurden lediglich 5 vergeben.
Aber: Rotes Fleisch kann höchstens 2 Punkte für seinen Protein-Gehalt erhalten – bei der alten Variante waren 5 möglich. Es bekommt also eine schlechtere Bewertung als Geflügel und Fisch. Auf diese Weise will man den aktuellen Ernährungsempfehlungen Rechnung tragen. Die Weltgesundheitsorganisation schreibt roten Fleischsorten ein krebserregendes Potenzial zu.
Nüsse und Öle bekommen eigene Kategorie
Nüsse und Saaten werden zusammen mit Ölen und Fetten in einer neuen Kategorie zusammengefasst. Ihren Nutri-Score berechnet man ähnlich wie den von allgemeinen Lebensmitteln, allerdings werden der Energiegehalt und der Anteil an gesättigten Fettsäuren anders bewertet. Dadurch verbessert sich der Nutri-Score für gesunde pflanzliche Fette und Nüsse mit viel ungesättigten Fettsäuren.
Alles was getrunken wird, wird als Getränk eingestuft
Alle Lebensmittel, die getrunken werden, werden zukünftig auch als solche berechnet. Es gibt keine Ausnahmen mehr, etwa für Getränke mit einem Milchanteil von über 80 Prozent. Diese wurden bisher immer als allgemeine Lebensmittel eingestuft.
Die Werte für den Energiegehalt (Brennwert) von Getränken wurden daher erhöht und zusätzlich die Gehalte an Salz und gesättigten Fettsäuren berücksichtigt.
Süßstoffe in Getränken strenger bewertet
Der Nutri-Score soll nicht mehr dazu führen, dass Hersteller Zucker einfach durch Süßstoffe ersetzen. Für den Zusatz vor allem von Süßstoffen werden daher 4 Punkte vergeben, die sich negativ auf den Nutri-Score auswirken. Getränke mit Süßungsmitteln schneiden deshalb häufig eine Kategorie schlechter ab als bisher.
Die zu berücksichtigen Süßstoffe stimmen mit dem Anhang B 2. der EU-Verordnung 1333/2008 überein. Das sind im Wesentlichen gebräuchliche Süßstoffe wie Cyclamat, Aspartam oder Saccharin. Sogenannte Zuckeralkohole wie Maltit und Xylit hingegen werden nicht berücksichtigt.
So wird der Nutri-Score berechnet
Wie und ob sich die Verschlechterung oder Verbesserung der Punktzahlen auf den vergebenen Nutri-Score auswirkt, kommt auf die gesamte Zusammensetzung des Lebensmittels an. Nicht jede Änderung der gesamten Nährwertpunktzahl führt zu einem schlechteren bzw. besseren Nutri-Score. Wie bei Zensuren auch gibt es Spannen für die Vergabe des jeweiligen Nutri-Score-Buchstabens.
Jeder berücksichtigte Inhaltsstoff erhält je nach Mengenanteil im Lebensmittel eine bestimmte Punktzahl. Inhaltsstoffe, deren übermäßiger Verzehr sich negativ auf die Gesundheit auswirken können, erhalten sogenannte Pluspunkte, die den Nutri-Score verschlechtern: Energie, Zucker, gesättigte Fettsäuren und Salz. Solche, die einen gesundheitsfördernden Einfluss haben können, erhalten sogenannte Minuspunkte, die denn Nutri-Score verbessern. Das sind Ballaststoffe, Eiweiß und teilweise Obst und Gemüse sowie Hülsenfrüchte. Die Differenz aus Plus- und Minuspunkten ergibt die gesamte Nährwertpunktzahl. Je kleiner dieser Wert ist, desto besser ist die Bewertung des Nutri-Score.
Wir haben die konkreten Werte für die einzelnen Komponenten in aktualisierten Übersichtstabellen (PDF-Dokumente zum Download) zusammengefasst.
Während Übergangszeit zwei Berechnungen möglich
Die aktualisierte Berechnungsmethode des Nutri-Score tritt am 31. Dezember 2023 in Kraft. Bis Ende 2025 gilt eine Übergangsfrist für bereits registrierte Unternehmen zur Umstellung der Kennzeichnung auf ihren Produkten. Diese soll verhindern, dass bereits produzierte Waren oder Verpackungen vernichtet werden müssen. Nur im Jahr 2024 neu produzierte Lebensmittel müssen auf jeden Fall mit dem neuen Nutri-Score berechnet werden. Erst ab spätestens 1. Januar 2026 darf nur noch der Nutri-Score mit der neuen Berechnungsmethode verwendet werden.
Was sinnvoll und kulant klingt, führt leider dazu, dass für ein und dasselbe Lebensmittel theoretisch zwei unterschiedliche Nutri-Scores im Umlauf sein können. Zudem ist für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht zu erkennen, welche Nutri-Score-Berechnung angewendet wurde – die alte oder die neue. Entsprechende Vorgaben seitens des Lizenzgebers, der Santé publique France, fehlen. Das ist aus unserer Sicht ein Versäumnis, das ohne Not die Glaubwürdigkeit des Nutri-Score einschränken kann. Um möglichst viel Klarheit zu schaffen, appellieren wir an die Hersteller, Kundinnen und Kunden freiwillig über die verwendete Berechnungsmethode zu informieren und die Kennzeichnung mit dem Label möglichst schnell auf die neue Variante umzustellen.
Für unsere Berechnungen in diesem Artikel haben wir für den alten Nutri-Score die „offiziellen“ Tabellen des BMEL genutzt und für die neue Variante Informationen des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) in der Schweiz.
Unser Standpunkt
Ein vereinfachtes Kennzeichnungssystem für Lebensmittel und Getränke ist für Verbraucherinnen und Verbraucher ein sehr nützliches Label. Durch die Farbabstufungen ist leicht zu erkennen, wo Zucker- und Fettfallen lauern. Unterschiedliche Pizzas, Joghurts oder Limonaden lassen sich so gut gegenüberstellen.
Doch bisher ist die Angabe des Nutri-Score in Deutschland freiwillig. Wir meinen: Nur wenn alle verarbeiteten Lebensmittel Und Getränke den Nutri-Score tragen, ist ein umfassender Vergleich und damit eine echte Wahl möglich. Daher brauchen wir eine europaweit verpflichtende Kennzeichnung mit dem Nutri-Score und zudem regelmäßige Kontrollen durch die Lebensmittelüberwachung. Die von den Herstellern gemachten Angaben zum Nutri-Score sollten regelmäßig und flächendeckend von einer unabhängigen Stelle kontrolliert werden. Gleichzeitig sollten die Unternehmen dazu verpflichtet werden, alle für die Berechnung des Nutri-Score notwendigen Daten zur Verfügung zu stellen.