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Nutri-Score – das sollte man wissen

Viele Menschen möchten Zuckerbomben und Fettfallen auf den ersten Blick erkennen können. Der Nutri-Score, eine farbige Nährwertkennzeichnung auf der Vorderseite von Verpackungen, soll dabei helfen. Immer mehr Unternehmen drucken das Label auf ihre Produkte. Wir haben zusammengestellt, was Sie über den Nutri-Score wissen sollten.

Frau schaut beim Einkaufen auf ein Glas

Das Wichtigste in Kürze

  1. Als Ergänzung zu umfangreichen Nährwerttabellen kann der Nutri-Score auf einen Blick Auskunft darüber geben, wie gesund ein Lebensmittel innerhalb einer Produktgruppe ist oder nicht. Eine solche Kennzeichnung kann helfen, eine bessere Ernährung umzusetzen und Krankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen.
  2. Seit Anfang November 2020 dürfen Unternehmen in Deutschland das Label verwenden. Immer mehr Firmen nutzen diese Möglichkeit, doch ein Marktcheck der Verbraucherzentralen von Ende 2022 zeigt, dass noch zu wenige Produkte das Nährwertkennzeichen tragen.
  3. Bislang ist die Kennzeichnung mit dem Nutri-Score freiwillig. Doch damit das Label seine volle Aussagekraft entfalten kann, sollte es flächendeckend und verpflichtend eingesetzt werden – am besten in ganz Europa.
Stand: 27.03.2023

Von Gemüse bis Cola ​– wir waren dem Nutri-Score auf der Spur. Nach jahrelangem Zögern wurde in Deutschland im November 2020 der Nutri-Score, eine farbige Nährwertkennzeichnung, eingeführt. Lebensmittelhersteller dürfen ihre Produkte freiwillig mit dem Label deklarieren. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Nutri-Score.

Was ist der Nutri-Score?

Der Nutri-Score ist eine farbliche Nährwertkennzeichnung, die verschiedene Eigenschaften eines Lebensmittels zusammenfasst und auf einer fünfstufigen Skala – von einem grünen A bis zu einem roten E – bewertet. In die Punkteliste fließen nicht nur einzelne Komponenten wie Zucker oder Fett ein, sondern auch der Obst- oder Gemüseanteil im gesamten Lebensmittel. Der Nutri-Score wird jeweils vorne auf die Verpackung eines Lebensmittels gedruckt. Hinten sind wie gewohnt  die Nährwertkennzeichnung und die Zutatenliste zu finden. Die Informationen beziehen sich jeweils auf 100 Gramm  bzw. 100 Milliliter.

Wer hat den Nutri-Score erfunden?

Der Nutri-Score wurde von unabhängigen Ernährungswissenschaftlern entwickelt. Bereits seit 2017 wird die Kennzeichnung für verarbeitete Lebensmittel in Frankreich verwendet. Allerdings muss man – genau wie in Deutschland – die Produkte noch in den Regalen suchen. Die französische Regierung empfiehlt Lebensmittelunternehmen, die Kennzeichnung anzuwenden. Der Einsatz ist aber – wie in Deutschland auch – bislang freiwillig. Leider ist kein Anbieter verpflichtet, seine Erzeugnisse mit dem Nutri-Score zu kennzeichnen.

Auf welchen Lebensmitteln befindet sich der Nutri-Score bereits?

Inzwischen haben sich 660 Unternehmen mit 1030 Marken für den Nutri-Score in Deutschland registriert (Stand: 22.02.23). Bei einem Ende 2022 veröffentlichten Marktcheck der Verbraucherzentralen mit 1.451 Lebensmitteln war nicht einmal die Hälfe mit dem Nutri-Score gekennzeichnet. Dabei gab es große Unterschiede in den verschiedenen Produktgruppen. Pizzas waren am häufigsten mit dem Nutri-Score gelabelt (70 Prozent). Am seltensten war der Nutri-Score bei Cerealien und Milchprodukten mit einem Anteil von jeweils 28 Prozent zu finden.

Erfreulich ist, dass selbst bei eher nicht so gesunden Lebensmitteln wie Chicken Nuggets, Schokolinsen und Fertig-Kaffee das Label mittlerweile von einigen Anbietern aufgedruckt wird. Der Grund: Hat ein Unternehmen die Verwendung des Nutri-Score für eine seiner Marken freiwillig angemeldet, verpflichtet es sich, nach einer Übergangszeit alle Lebensmittel dieser Marke mit dem Nutri-Score zu versehen. Vorreiter der Lebensmittelbranche in Sachen Nutri-Score waren beispielsweise Alpro, Bofrost, Bonduelle, Danone, Harry Brot, Iglo, McCain, Mestemacher, Nestlé und Rewe.

Kann der Nutri-Score eine Einkaufshilfe sein?

Studien zeigen, dass farbliche und vereinfachte Kennzeichnungen auf Lebensmitteln dabei helfen den Gesundheitswert von einem Lebensmittel richtig einzuschätzen. Eine Studie der Universität Göttingen im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands bestätigt, dass der Nutri-Score zum Beispiel einer Irreführung durch Werbeslogans zum Zuckergehalt von Lebensmitteln entgegenwirken kann. In der Studie wurden Produkte mit Slogans wie „Ohne Zuckerzusatz“ oder „Weniger süß“ gezeigt. Angaben über einen reduzierten Zuckergehalt ohne Kennzeichnung mit dem Nutri-Score führten bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern tatsächlich zu einer Überschätzung der Nährwertqualität eines Produktes. Der Nutri-Score wirkte diesen Effekten entgegen und verringerte die Fehlerwartungen.

Stimmt denn der Nutri-Score?

Die Hersteller sind für die richtige Berechnung des Nutri-Score verantwortlich. Werden dabei Fehler gemacht, konnte das bislang lange unentdeckt bleiben. So waren immerhin 17 Produkte in einem Ende 2022 veröffentlichten Marktcheck der Verbraucherzentralen mit einem falschen Nutri-Score gekennzeichnet. Nun ernannte die Bundesregierung durch eine EU-weite Ausschreibung das private Unternehmen RAL gGmbH (RAL) als sogenannten Regulator, um die Marktüberwachung und Missbrauchsverfolgung bei der Verwendung des Nutri-Score sicherzustellen.

Wenn Ihnen die Nutri-Score-Bewertung für ein Produkt seltsam vorkommt, melden Sie sich bei uns. Wir überprüfen das und leiten gegebenenfalls entsprechende Schritte in die Wege.

Wie werden beim Nutri-Score die Punkte verteilt?

Um den Nutri-Score eines Lebensmittels zu berechnen, werden die Mengen verschiedener Inhaltsstoffe in 100 Gramm bzw. 100 Milliliter des Produkts ermittelt. Dabei werden auf der einen Seite Nährstoffe einbezogen, die negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben können: der Energiegehalt, Zucker, gesättigte Fettsäuren und Salz (Natrium). Auf der anderen Seite werden auch Eigenschaften des Produkts berücksichtigt, die eine positive gesundheitliche Wirkung haben können. Dabei handelt es sich um den Ballaststoff- und Eiweißgehalt sowie den Anteil an Obst, Gemüse und Nüssen. Für die verschiedenen Inhaltsstoffe gibt es Punkte, die eine Gesamtpunktzahl ergeben, aus der wiederum die Bewertung auf der Skala von grün und „A“ bis rot und „E“ abgeleitet wird.

Wie geht es mit Nutri-Score weiter?

Der Nutri-Score-Lenkungsausschuss, der für die übergreifende Koordination und Entwicklung des Nutri-Score auf internationaler Ebene verantwortlich ist, hat Vorschlägen eines wissenschaftlichen Gremiums zur Anpassung des Algorithmus im Juli 2022 zugestimmt. Diese hat sich aus einer Evaluierung ergeben und soll für eine bessere Übereinstimmung mit den aktuellen Ernährungsempfehlungen sorgen:

  • So werden zukünftig etwa die Zucker- und Salzgehalt strenger bewertet. Durch diese Anpassungen werden Lebensmittel wie Tiefkühlpizza, Frühstückscerealien, süße Backwaren oder Fertiggerichte seltener eine grüne Bewertung bekommen.
  • Außerdem haben die Wissenschaftler die Ballaststoff-Komponente angepasst, damit Produkte, die reich an Ballaststoffen sind, besser von raffinierten Produkten unterschieden werden können.
  • Fette und Öle mit einem günstigen Nährwertprofil und einem geringen Anteil an gesättigten Fettsäuren können durch die neuen Anpassungen besser bewertet werden.
  • Auch in den Produktbereichen Fleisch und Fleischprodukte, Fisch und Meeresfrüchte sowie gesüßte und ungesüßte Milchprodukte gibt es Änderungen und zusätzliche Regelungen, so dass diese differenzierter bewertet werden können und besser mit den aktuellen Ernährungsempfehlungen übereinstimmen.

Weitere Anpassungen werden für 2023 angekündigt. Wenn die Evaluation abgeschlossen ist, werden die Benutzungsbedingungen des Nutri-Score aktualisiert. Weitere Informationen dazu hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft veröffentlicht.

Welche Nachteile hat der Nutri-Score?

Der Nutri-Score ist kein umfassendes Bewertungssystem für Lebensmittel. Methoden, die Dinge vereinfachen, haben naturgemäß auch Lücken. Daran kann man nichts ändern. Neben den vielen Befürwortern gibt es auch Kritiker. Sie bemängeln:

  • Vereinfachung: Der Score berücksichtige nicht alle wertgebenden Inhaltsstoffe, zum Beispiel Vitamine, Mineralstoffe oder ungesättigte Fettsäuren. Deshalb sei der Nutri-Score in der Bewertung zu sehr vereinfacht und würde der Vielfalt an Eigenschaften eines Lebensmittels, die Auswirkungen auf die Gesundheit haben, nicht gerecht werden.
    Wir meinen: Ohne Vereinfachung kann eine Bewertung auf einen Blick nicht gelingen.

  • Zusatzstoffe: Zahlreiche Zusatzstoffe, wie Geschmacksverstärker, Süßstoffe oder Aromen, berücksichtige der Nutri-Score nicht. Hersteller könnten die Bewertung ihrer Produkte dadurch verbessern, dass sie mehr Zusatzstoffe einsetzen, um beispielsweise den Fettanteil zu verringern.
    Wir meinen: Hier hilft ein Blick auf die Zutatenliste weiter.

  • Nachhaltigkeit: Die regionale Herkunft, der ökologische Anbau oder Gentechnikfreiheit würden nicht bewertet, obwohl diese Aspekte vielen Kunden wichtig sind.
    Wir meinen: Dafür gibt es zusätzliche Label wie z.B. „Bio“ auf dem Etikett.

  • Freiwilligkeit: Die Kennzeichnung sei in der Europäischen Union nicht verpflichtend. Da der Nutri-Score bisher nur von wenigen Herstellern eingeführt würde, sei der Vergleich zwischen verschiedenen Lebensmitteln noch nicht möglich.
    Wir meinen: Der Nutri-Score sollte für alle verpflichtend werden.

  • Nachvollziehbarkeit: Den Ampelcheck könne man einfach und unkompliziert selbst durchführen, mit Hilfe einer Checkkarte sogar vor Ort im Supermarkt. Das ginge beim Nutri-Score nicht immer, z.B. wenn man den Gehalt an Obst und Gemüse nicht kennen würde.
    Wir meinen: Der Nutri-Score ist umfassender als die Ampel, daher ist auch die Berechnung komplizierter.

Unser Standpunkt

Ein vereinfachtes Kennzeichnungssystem für Lebensmittel war überfällig. Wir begrüßen die Einführung des Nutri-Score in Deutschland. Durch die Farbabstufungen ist leicht zu erkennen, wo Zucker- und Fettfallen lauern. Unterschiedliche Kekssorten, Joghurts oder Limonaden lassen sich gut gegenüberstellen, da sich der Nutri-Score auf 100 Gramm bzw. 100 Milliliter bezieht. Die Kennzeichnung mit dem Nutri-Score hilft Verbraucherinnen und Verbrauchern, gesündere und ausgewogenere Lebensmittel einzukaufen. Nur so schaffen wir es, Übergewicht, ernährungsbedingte Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes besser in den Griff zu bekommen. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen die Vorzüge des Nutri-Score-Modells und dessen positive Effekte. In anderen Ländern der Europäischen Union wie Frankreich oder Belgien ist der Nutri-Score bereits etabliert. Darüber hinaus kann der Nutri-Score Lebensmittelhersteller motivieren, die Rezepturen ihrer Produkte zu verändern und die Nährwerte ausgewogener zu gestalten. 

Die Verbraucherzentralen fordern die europaweit verpflichtende Einführung des Nutri-Score und eine regelmäßige Kontrolle durch die Lebensmittelüberwachung.

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