Naturkosmetik unter falscher Flagge
Oliven auf der Tube, »Bio« im Namen, fast 100 % natürliche Inhaltsstoffe – immer mehr Kosmetik- und Pflegeartikel kommen besonders natürlich und biologisch daher. Doch halten die Produkte, was ihre Verpackungen versprechen? Wir haben uns Cremes, Lotions und Shampoos angeschaut und erklären, mit welchen Tricks die Hersteller uns hinters Licht führen.
Das Wichtigste in Kürze
- Immer mehr Unternehmen der Kosmetikbranche springen auf den Zug der Naturkosmetik auf und verpassen ihren Produkten ein grünes Image.
- Viele der vermeintlich natürlichen und biologischen Pflegeprodukte enthalten jedoch synthetische Inhaltsstoffe, die in echter Naturkosmetik verboten sind.
- »Bio« im Namen, »Natürliches Wasser«, pflanzliche Inhaltsstoffe – die Verbraucherzentrale entlarvt mit einem Marktcheck die Tricks der Branche.
Natur- und Biokosmetikprodukte liegen im Trend, weil sie oft haut- und umweltfreundlicher sind als konventionelle Pflegeprodukte. Um von der wachsenden Kauflust vieler Menschen zu profitieren, gestalten Hersteller herkömmlicher Pflegeartikel ihre Produkte zunehmend in Naturoptik und mit Bio-Wording, ohne sich jedoch an die Standards der Naturkosmetikbranche zu halten.
Wir haben die Etiketten von 16 vermeintlichen Natur-Pflegeprodukten wie Cremes, Lotions oder Shampoos stichprobenartig überprüft und flüssige Kunststoffe und synthetische Inhaltsstoffe darauf gefunden. Unser Fazit: Es müssen dringend rechtsverbindliche und einheitliche Vorgaben für Naturkosmetik her, um Greenwashing zu verhindern.
Greenwashing-Tricks der Kosmetik-Hersteller
1. »Bio« im Namen: Obwohl „Bio“ im Produkt- oder Markennamen vorkommt, sind die Inhaltsstoffe nicht „Bio“ und nicht natürlichen Ursprungs. Teilweise verweisen die Anbieter sogar darauf, dass „der Gesetzgeber BioKosmetik nicht weiter reguliert“ und sie daher freie Handhabe hätten.
2. Pflanzliche Inhaltsstoffe: Grün schimmernde Flaschen, angedeutete Blätter und Früchte, groß ausgelobte natürliche Pflegeöle sollen darüber hinwegtäuschen, dass die Produkte viele synthetische Stoffe enthalten. Da die Liste der Inhaltsstoffe, die sogenannte INCI-Liste, für Laien nur schwer zu entziffern ist, haben Anbieter ein leichtes Spiel. Besonders beliebt: „frei von“-Deklarationen, die jedoch selten vollständig sind. Ein Hersteller argumentierte, dass es sich bei seinem Produkt nicht um eine „zertifizierte Naturkosmetikmarke handele, sondern um eine von der Natur inspirierte, positive Lifestyle-Marke“.
3. »Natürliches Wasser«: Mehr Wasser gleich mehr Natur, lautet die Devise seit September 2017. Dank einer europaweiten Iso-Norm dürfen Kosmetikhersteller seither die Zutat Wasser den natürlichen Inhaltsstoffen zuordnen. Viele Anbieter machen sich das zunutze und treiben die Zutaten natürlichen Ursprungs auf diese Weise in die Höhe, um die Prozentanteile werbewirksam auf der Verpackung auszuloben. So wird beispielsweise eine Feuchtigkeitspflege, die 63 Prozent Wasser enthält, mit „97 % Inhaltsstoffen natürlichen Ursprungs“ beworben.
Gut zu wissen
Greenwashing bei Kosmetik ist nicht neu, doch mit dem wachsenden Markt gibt es immer mehr Trittbrettfahrer. In vielen Produkten, die natürlich und biologisch daherkommen, stecken Mineralölbestandteile, Parabene oder Silikone.
Doch wie erkennt man „echte“ Naturkosmetik und gute natürliche Pflegeprodukte? Wir beantworten die wichtigsten Fragen. ⇒ FAQ: Wie erkenne ich Naturkosmetik und natürliche Pflegeprodukte?
Gesetzliche Vorgaben erforderlich
Wir müssen dieser Täuschung im Drogeriemarkt ein Ende setzen! Der Gesetzgeber ist gefordert, in Form eines unabhängigen, kontrollierten Labels, rechtsverbindliche und einheitliche Vorgaben für Naturkosmetik zu schaffen. Nur wenn Natur oder Bio drin sind, darf es auch draufstehen.
Ein vertrauenswürdiges Label könnte Verbrauchern beim Einkauf von Kosmetik- und Pflegeprodukten helfen, nicht auf die Maschen der Hersteller hereinzufallen. Das Wirrwarr der derzeit rund 30 unterschiedlichen privaten Siegel für Naturkosmetik hingegen gibt vielen Menschen kaum Orientierung.