Mehrweg, wo bist du?
Getränke in Mehrwegflaschen verschwinden seit Jahren zunehmend aus den Supermarktregalen. Diesen Trend soll eigentlich das neue Verpackungsgesetz stoppen, das eine Mehrwegquote von 70 Prozent als Ziel nennt. Doch unser bundesweiter Marktcheck zeigt: Von diesem Ziel sind Discounter und Supermärkte noch meilenweit entfernt.
Das Wichtigste in Kürze
- Immer mehr Menschen in Deutschland kaufen Getränke in umweltbelastenden Einwegflaschen oder Einwegverpackungen.
- Das Verpackungsgesetz nennt eine Mehrwegquote von 70 Prozent auf Getränkeverpackungen als Ziel.
- Marktcheck zeigt: Supermärkte und Discounter erreichen die Quote nicht. Aldi und Lidl bieten sogar gar keine Mehrwegflaschen an.
Früher war das Pfand ein eindeutiges Merkmal für eine Mehrwegverpackung, also eine Verpackung, die mehrfach verwendet wird. Außerdem durften nur Mehrwegflaschen in Kästen verkauft werden. Heute ist beides auch für Einwegverpackungen möglich.
Immer mehr Einweg in den Regalen
Mineralwasser und Erfrischungsgetränke werden zunehmend in Einwegflaschen aus Kunststoff verkauft. Es ist also nicht verwunderlich, dass in den vergangenen 20 Jahren der Anteil an Mehrwegflaschen bei Mineralwasser stark zurückgegangen ist und dem Wegwerftrend entsprechend von ehemals 93 Prozent (1991) auf knapp 39 Prozent (2015) zusammenschrumpfte.
Leider gibt es noch immer keine gesetzlich vorgeschriebene, eindeutige Kennzeichnung auf Mehrweg-Getränkeverpackungen. Ob Glasflasche, Getränkekarton, Aludose oder Plastikbehälter – im Wirrwarr am Getränkeregal wird das Unterscheiden von Mehrweg- und Einwegflaschen beinahe zur Sisyphosaufgabe. Seit 1. Januar 2019 müssen Händler am Getränkeregal in deutlich lesbarer Schrift die Bezeichnungen »MEHRWEG« oder »EINWEG« anbringen, um Verbrauchern den ökologisch sinnvollen Griff zur Mehrwegflasche zu erleichtern.
Keine Mehrwegflaschen mehr bei Aldi und Lidl
Anfang 2019 trat das neue Verpackungsgesetz in Kraft, das eine Mehrwegquote im Einzelhandel von mindestens 70 Prozent bei Getränkeverpackungen als Ziel nennt. Wir wollten wissen: Erreicht der Einzelhandel dieses Ziel? Dafür haben Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände in einem stichprobenartigen Marktcheck den Mehrweganteil in 31 Discountern und Supermärkten in Brandenburg, Hessen, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Berlin und Hamburg untersucht:
- Die Discounter Aldi und Lidl boten gar keine Mehrwegflaschen mehr an. Der Händler Netto Marken-Discount schaffte mit einem Mehrweganteil von 35 Prozent gerade einmal die Hälfte der gesetzlichen Quote.
- Auch Supermärkte (ohne Biomärkte) erreichten die Quote nicht. Der Mehrweganteil lag bei Rewe im Schnitt bei 35 Prozent. Edeka kam auf eine Mehrwegquote von 21 Prozent.
- Bioläden hatten den höchsten Mehrweganteil: Mit einer Quote von 57 Prozent kamen sie der Vorgabe am nächsten.
- Zwischen 28 und 58 Prozent der Regalmeter wurden zudem durch Getränke gefüllt, die von der Pfandpflicht ausgenommen sind.
Mehrwegflaschen schnell und einfach erkennen
Für Mehrwegflaschen müssen Sie immer Pfand bezahlen – egal, welches Getränk darin abgefüllt ist. Wenn Sie die leere Flasche wieder im Geschäft abgeben, bekommen Sie das Pfandgeld zurück. Die leeren Flaschen werden zurück zum Abfüller gebracht, dort gespült und wieder neu befüllt.
Mehrwegflaschen erkennen Sie an den Aufschriften: Leihflasche, Pfandflasche, Mehrweg oder Mehrweg-Flasche. Die Flaschen sind aus Glas oder dem Kunststoff PET (Polyethylenterephthalat).
Das Pfand für die Flaschen beträgt meist 15 Cent. Bei Bierflaschen sind es nur 8 Cent. Für Spezialflaschen wie Bügelflaschen ist auch ein höheres Mehrwegpfand möglich.
Nicht immer Mehrwegflaschen in Mehrwegkästen
Viele Menschen glauben, dass Flaschen in Getränkekästen immer Mehrwegflaschen sind. Doch auch Einwegflaschen (z.B. für Mineralwasser) werden in Mehrwegkästen verkauft.
Prüfen Sie deshalb beim Kauf von Kästen unbedingt, welche Kennzeichen auf den Flaschen oder am Regal sind oder fragen Sie nach, wie hoch das Pfand für die Flaschen ist. Nur so wissen Sie, ob Sie Einweg- oder Mehrwegflaschen kaufen. Einwegflaschen in Mehrweg-Kästen tragen manchmal das Symbol PET-Cycle. Das Zeichen steht für Einweg und Recycling der Flaschen, nicht für Mehrweg und Wiederbefüllung.
Einwegverpackungen richtig erkennen
Einwegflaschen oder -dosen, für die Pfand erhoben wird, müssen von den Herstellern deutlich lesbar und an gut sichtbaren Stellen als pfandpflichtig gekennzeichnet werden.
Folgende Hinweise sind auf Einwegpfand-Verpackungen zu finden: Einwegpfand 0,25 €, Pfandflasche, PET-CYCLE oder das Zeichen der Deutschen Pfandsystem GmbH (DPG). Die meisten Abfüller kennzeichnen Einwegverpackungen mit dem DPG-Zeichen und einem EAN-Code (Strichcode).
Seit dem 1. Januar 2019 müssen Einwegflaschen am Verkaufspunkt, also am Regal als »EINWEG« ausgewiesen werden.
Warum Mehrweg besser ist
Mehrwegflaschen sind ein Plus für die Umwelt. Werden sie sogar noch in der Region abgefüllt, sind Sie aus Umweltsicht immer auf der sicheren Seite. Egal ob Kunststoff- oder Glasflasche, gegenüber Einwegdosen und -flaschen haben Mehrwegverpackungen deutliche Vorteile.
- Mehrwegflaschen verbrauchen auf ihrem Lebensweg weniger Rohstoffe und Energie und tragen weniger zum Treibhauseffekt bei. Je kürzer die Transportwege, desto besser die Bilanz für die Mehrwegflasche.
- Im Vergleich zur Kunststoffflasche, die mindestens 15 Umläufe schafft, liegt die Mehrwegglasflasche mit rund 50 Wiederbefüllungen deutlich vorne und kann so bis zu sieben Jahre ihren Dienst erfüllen.
- Auch wenn Einwegverpackungen zurückgegeben und recycelt werden, es bleibt dabei: Für jedes Getränk muss eine neue Verpackung produziert werden, die oft nach wenigen Zügen ausgetrunken ist und damit Abfall wird.
- Einweg-Glasflaschen und vor allem Einwegdosen aus Aluminium sind die ökologischen Schlusslichter. Von allen Getränkeverpackungen belasten sie das Klima am meisten, verbrauchen wesentlich mehr Energie und verursachen mehr Abfall.
Mehrweg bildet in Kombination mit dem sehr gut recyclingfähigen Werkstoff Glas ein Gesamtsystem, das Grundlage für die einmalige, regional geprägte Getränkevielfalt in Deutschland sein sollte. In Deutschland hat sich über Jahrzehnte ein sogenannter „doppelter Kreislauf“ entwickelt, der die Wiederbefüllung von Mehrwegflaschen und den anschließenden Recyclingkreislauf umfasst. Mehrweg ist ein vernünftiges System, das es jedem Verbraucher ermöglicht, Tag für Tag etwas Gutes für die Umwelt zu tun.
Probleme bei der Rückgabe von Mehrweg
Die Verpackungsverordnung regelt, für welche Einweg-Getränkeverpackungen ein Pfand zu erheben ist und wie die Rücknahme zu erfolgen hat. Für Mehrweg-Getränkeverpackungen gelten diese Vorschriften leider nicht. Der Gesetzgeber hat sich hier klar auf die Seite der umweltschädlicheren Einwegflaschen gestellt und deren Rückgabe im Rahmen des Verpackungsgesetzes erheblich strenger geregelt als die von Mehrwegflaschen. Und dieser Umstand kann zu Problemen bei der Pfanderstattung führen, obwohl die Pfandhöhe und die Erstattungsmodalitäten für Mehrwegflaschen zivilrechtliche Vereinbarungen sind.
Das bedeutet: Ein Händler, bei dem ein Pfand für eine Flasche hinterlegt wurde, muss bei der Rückgabe dieser Flasche das Pfand erstatten. Allerdings zahlen die meisten Geschäfte auch Pfand für Flaschen der von ihnen angebotenen Marken und Formen zurück – selbst wenn sie nicht dort gekauft wurden. Dabei ist die Flaschenform entscheidend. In Zweifelsfall kann der Kassenbon als Beweismittel dienen, falls ein Händler das Pfand nicht herausrücken will.
Wird die Rücknahme über ein Bonsystem organisiert, so müssen nach Auffassung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen die Bons über den Ausstellungsstag hinaus gültig sein.
Verkauft ein Händler nur Einzelflaschen, muss er nur solche zurücknehmen. Sollte Ihnen eine Flasche zerbrechen, ist dies für den Händler kein Grund, die Annahme eines Kastens mit der Erklärung zu verweigern, er nehme nur komplette Kästen zurück. Der Abzug des Pfands für die zerbrochene Flasche ist gerechtfertigt, mehr jedoch nicht.
Wenn Sie allerdings Flaschen zurückgeben möchten, die das Geschäft gar nicht im Angebot hat, ist der Händler nicht verpflichtet, Ihnen das Pfand zu erstatten.
Verpackungen ohne Pfand
Noch immer gibt es einige Ausnahmen von der Bepfandung, so beispielsweise für Säfte im Tetrapak sowie Milch oder Milchmischgetränke in Kunststoffflaschen und Schlauchbeutel. Diese Verpackungen gehören in die gelbe Tonne oder den gelben Sack.
Unsere Forderungen
- Die Bundesregierung muss das Verpackungsgesetz nachbessern. Die vorgesehene Mehrwegquote für Verpackungen von mindestens 70 Prozent muss mit einem Zeitplan konkretisiert und mit Sanktionen für Unternehmen versehen werden, die sich nicht an die gesetzlichen Vorgaben halten.
- Auch Discounter müssen ihrer Verantwortung für die Umwelt gerecht werden und sich an Mehrwegsystemen gemäß der Zielvorgabe beteiligen.
- Die Pfandpflicht muss ausgeweitet werden. Auch bei Säften, Milchmischgetränken, Wein oder alkoholhaltigen Mischgetränken bestünde damit ein großes Potenzial für Mehrweglösungen.