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Dynamic Pricing: Digitale Preisschilder mit Flatterpreisen

Große Ketten wie Edeka, Rewe, Kaufland oder Media-Saturn haben sie schon, im Nachbarland Frankreich sind sie ein gewohnter Anblick: digitale Preisschilder am Supermarktregal.

Bananen im Supermarkt

Das Wichtigste in Kürze

  1. Immer mehr Händler nutzen digitale Preisschilder, um die Preise ihrer Waren anzuzeigen.
  2. Der Zeitaufwand für Preisänderungen ist um ein Vielfaches geringer gegenüber dem für die klassischen Regaletiketten aus Papier, doch die Technik ist noch oft mit Fehlern behaftet.
  3. Die Verbraucherzentrale befürchtet eine zunehmende Willkür bei der Preisgestaltung und ein Wegfall der Preisgleichheit.
Stand: 02.03.2017

Mit Hilfe von digitalen Preisschildern – im Englischen auch „electronic shelf label“ (ESL) genannt – lassen sich Preisänderungen ganz bequem am Computer vornehmen. Ein Klick genügt und schon werden die aktuellen Preise per Funk übertragen. Das mühsame und zeitraubende manuelle Austauschen von gedruckten Etiketten wird so überflüssig.

Große Supermarktketten wie Edeka, Rewe, Kaufland oder Media-Saturn haben die Schilder schon im Einsatz, in unserem Nachbarland Frankreich sind sie bereits ein gewohnter Anblick. Für die Supermarktketten bringt diese Innovation nur Vorteile. Der Zeitaufwand für Preisänderungen ist um ein Vielfaches geringer gegenüber dem für die klassischen Regaletiketten aus Papier.

Aber welche Nachteile sind für die Verbraucher und Verbraucherinnen zu erwarten?

Versprechen des Handels

Gebetsmühlenartig hören wir vom Handel, dass digitale Preisschilder nur genutzt werden sollen, um Produkte zu bestimmten Uhrzeiten ohne großen Aufwand günstiger verkaufen zu können – etwa leicht verderbliches Obst und Gemüse kurz vor Ladenschluss. Sprecher von Ketten wie Rewe oder Kaufland meinen, ein Supermarkt könne dank der elektronischen Etiketten zu jedem Zeitpunkt den aktuellen und günstigsten Preis für ein Produkt garantieren. Das ist die eine Seite.

Preiserhöhung auf Knopfdruck

Digitale Preisschilder sind aber natürlich auch bestens geeignet, um die Preise auf Knopfdruck zu erhöhen – doch das verschweigen die Verantwortlichen im Handel gerne.

  • Keine Preisgleichheit mehr: Wer sich kurz vor Anpfiff eines großen Fußballspiels noch in letzter Minute Bier und Chips sichern möchte, könnte schon bald mehr bezahlen als ein Kunde, der die gleichen Artikel bereits am Morgen einkaufen konnte. Die Preisgleichheit für alle wäre somit Vergangenheit. 
  • Weniger Preistransparenz: Durch sich ständig wechselnde Preise wäre es außerdem nahezu unmöglich, Angebote verschiedener Anbieter miteinander zu vergleichen und den Durchblick zu behalten. Mit der Folge, dass Verbraucher und Verbraucherinnen überhöhte Preise kaum mehr erkennen und der Handel somit auf fragwürdige Art seinen Gewinn maximiert. Ziel der teuren Investition für die digitalen Preisschilder wird sicherlich auch sein, die „Zahlungsbereitschaft der Kundinnen und Kunden optimal auszuschöpfen“, sprich höhere Preise zum Beispiel bei hoher Nachfrage oder fehlender Alternativen durchzusetzen.
  • Falsche und mangelhafte Preisangaben: Ein Argument der Händler für digitale Preisschilder ist auch immer, dass Etiketten am Regal nicht mehr fehlerhaft sein können. Bei den Papierschildern kam es oft zu Abweichungen zwischen Regal- und Kassenpreis, weil etwa Preisänderungen am Regal noch nicht umgesetzt waren.

Technik mit Fehlern behaftet

Doch auch digitale Preisschilder sind nicht unfehlbar: Bei einer Stichprobe in Hamburg haben wir falsche Angaben gefunden. So bildeten sich beispielsweise Füllmengenreduzierungen vom Hersteller nicht auf den Schildern ab, was zu falschen, vermeintlich niedrigeren Grundpreisen führte. Auch fehlende und unleserliche Grundpreisangaben haben wir bei unserer Stichprobe vorgefunden.

Die Bilder in diesem Abschnitt zeigen Beispiele für fehlerhafte digitale Preisschilder: Zum einen stimmt die Füllmenge nicht überein, zum anderen gibt es Preisunterschiede zwischen Kasse (Scanner) und Regal.

Unser Fazit

Digitale Preisschilder können genauso fehlerbehaftet sein wie Papieretiketten. Einen wirklichen Vorteil für Verbraucherinnen und Verbraucher diesbezüglich können wir nicht erkennen. Es kommt – wie bei Papierschildern – auf die Zuverlässigkeit der Filialleiter an.

Lekkerland will Produkte nachts teurer verkaufen

Lekkerland, ein Großhändler, der vor allem Tankstellen mit Lebensmitteln beliefert, hat angekündigt, die Schilder auch zu nutzen, um nachts zwischen 22 und 5 Uhr Produkte teurer zu verkaufen. Gemeinsam mit einer freien Aral-Tankstelle will der Händler sein neues Pricing-Modell durchsetzen. Das berichtete die Lebensmittelzeitung. Die Flatterpreise gibt es dann also nicht nur für das Benzin an der Tankstelle, sondern auch für die Lebensmittel aus dem Tankstellen-Shop.

Rechtliche Fragezeichen 

Ein Problem bei der Umsetzung von Preisänderungen per Klick im stationären Handel – im Online-Handel sind dynamische Preise ja schon an der Tagesordnung – könnten allerdings Preisabweichungen zwischen Regal und Kasse während des Einkaufs sein. Was passiert, wenn ein Kunde ein Produkt aus dem Regal nimmt, aber sich der Preis während des Einkaufs auf dem Weg zur Kasse ändert und an der Kasse ein höherer Preis verlangt wird? Die Preisangabenverordnung verlangt Preisangaben „nach den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit“. Wir haben da so unsere Zweifel, ob das beim „Preis-Jojo“ im Supermarkt gewährleistet wäre. Kunden müssen zukünftig an der Kasse auf jeden Fall noch mehr aufpassen, welcher Preis tatsächlich berechnet wird.

Schöne digitale Welt?

Das digitale Zeitalter im Supermarkt hat mit dem „Dynamic Pricing“ scheinbar gerade erst begonnen: Es gibt bereits Regale, dank denen der Kunde über einen QR-Code-Scan mit seinem Smartphone weitere Infos zum Produkt erhält. Einkaufswagen sollen in Zukunft automatisch die hineingelegte Ware scannen und zum Beispiel die passende Nudelsauce zur Pasta empfehlen.

Diesen Trend will uns der Handel natürlich als Serviceverbesserung verkaufen – doch wir sehen vor allem die große Gefahr. Konsumenten könnten durch gezielte Werbung mehr und mehr zu einer Marionette des Handels werden. Wir fragen uns daher mit großer Sorge: Soll so der Supermarkt der Zukunft aussehen?

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