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Was steckt hinter Bio-Mineralwasser und sollte man das kaufen?

Immer mehr Supermärkte bieten Mineralwasser mit Bio-Label an. Was verbirgt sich hinter Bio-Mineralwasser? Ist das reine Verkaufsmasche oder sinnvoll? Und wieso ist auf den Flaschen kein richtiges Bio-Siegel zu finden?

Gläser mit Bio-Mineralwasser im Restaurant

Das Wichtigste in Kürze

  1. Sogenanntes Bio-Mineralwasser ist kein Bio-Lebensmittel im klassischen Sinne, denn es fällt nicht unter die EU-Öko-Verordnung. Ein staatliches Bio-Siegel gibt es für Mineralwasser nicht.
  2. Zertifizierungsstellen können die Kriterien für Bio-Mineralwasser eigenständig festlegen. Marken, die die Anforderungen erfüllen und sich prüfen lassen, können ihre Produkte entsprechend als „Bio-Mineralwasser“ deklarieren. Zwei privatrechtliche Siegel werden bereits genutzt; weitere könnten folgen. 
  3. Bio-Mineralwasser muss laut Bundesgerichtshof höhere Standards erfüllen als herkömmliches Mineralwasser. Auch werden zusätzlich weitere Kriterien zum Umweltschutz und zur Nachhaltigkeit von den Herstellern verlangt. Dennoch gab es von der Stiftung Warentest für einige Bio-Mineralwässer schlechte Noten.
  4. Die Verbraucherzentrale Hamburg fordert ein „echtes“ Bio-Siegel für Mineralwasser. „Bio“ muss eine staatlich geschützte und kontrollierte Auszeichnung bleiben, deren Mindestkriterien einheitlich und gesetzlich festgelegt sind.
Stand: 04.10.2024

Die meisten Menschen wissen nicht, ob und welche Regelungen tatsächlich hinter der Bio-Kennzeichnung auf Mineralwasser stehen. Den wenigsten ist klar, dass die Herstellenden für Mineralwasser selbst Bio-Kriterien festlegen können. Unser Leitspruch „Wo Bio drauf steht, ist auch Bio drin“ wird beim Mineralwasser im wahrsten Sinne des Wortes verwässert. 

Wir haben zusammengefasst, was Sie über Bio-Mineralwasser wissen sollten.


Kann Mineralwasser „Bio“ sein?

Rein rechtlich betrachtet ist Bio-Mineralwasser kein Bio-Lebensmittel. Mineralwasser fällt nicht unter die EU-Öko-Verordnung, denn es ist kein landwirtschaftlich erzeugtes Lebensmittel. Aus diesem Grund kann es kein staatliches Bio-Siegel bekommen. 

Trotzdem kann ein Mineralwasser „Bio“ sein, hat der Bundesgerichtshof im Jahr 2012 entschieden. Die Verwendung des Begriffes „Bio“ ist dann erlaubt, wenn strengere Vorgaben für das Mineralwasser definiert werden. Demnach erwarten Verbraucherinnen und Verbraucher von einem als Biomineralwasser bezeichneten Mineralwasser, dass es nicht nur unbehandelt und frei von Zusatzstoffen ist, sondern im Hinblick auf Rückstände und Schadstoffe deutlich unterhalb der für natürliche Mineralwässer vorgesehenen Höchstwerte liegt. Mineralwässer, die die gesetzlichen Grenzwerte deutlich unterschreiten, unterscheiden sich von den Mineralwässern, bei denen der Gehalt an Rückständen und Schadstoffen nahe an diesen Werten liegt (Urteil vom 13. September 2012, Az. I ZR 230/11).

Zertifizierungsstellen können die Kriterien für Bio-Mineralwasser eigenständig festlegen. Solange die Kriterien den Vorgaben der obersten Richter entsprechen, ist das möglich. Bislang werden zwei privatrechtliche Siegel verwendet.

Welche Siegel gibt es für Bio-Mineralwasser?

  • Die Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser e. V. hat für ihr Bio-Mineralwasser-Siegel ein Prüfschema zur Zertifizierung festgelegt. So sind teilweise strengere Grenzwerte gegenüber der Mineral- und Tafelwasserverordnung einzuhalten – für Nitrat zum Beispiel 2 statt 50 Milligramm pro Liter. Auch für Pestizide und Arzneimittelrückstände hat die Qualitätsgemeinschaft Höchstmengen festgelegt, die es bei Mineral- oder Trinkwasser in dieser Form nicht gibt. Zusätzlich macht die Qualitätsgemeinschaft Vorgaben zum Umweltschutz, zur Nachhaltigkeit, Verpackung und zur Einhaltung sozialer Standards. Es wird aber auch „eine umfassende Strategie zur kontinuierlichen Verbesserung des Klimaschutzes“ verlangt. So ist es beispielsweise ein festgelegtes Ziel, den ökologischen Landbau zu fördern.

    Der Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser e. V. gehören Bio-Anbauverbände wie Bioland, Demeter und Naturland an. Entsprechend der Vorgaben zertifiziert sind beispielsweise das BioKristall Wasser von Neumarkter Lammsbräu, die Rheinsberger Preußenquelle und das Bio-Mineralwasser von Vilsa.
     
  • Das SGS Institut Fresenius vergibt das Siegel Premiummineralwasser in Bio-Qualität nach einem Anforderungskatalog zur Produktqualität sowie zur sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit. Fresenius legt für die Zertifizierung jedoch häufig andere Kriterien fest als die Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser. So liegt der Grenzwert für Nitrat mit 10 Milligramm pro Liter zum Beispiel doppelt so hoch. Beim Prüfplan zur sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit müssen bestimmte Kriterien auf jeden Fall erfüllt sein. Bei allen anderen reichen 80 Prozent der Gesamtpunktzahl aus jedem Bereich aus.

    Die Bio-Siegel des SGS Instituts Fresenius nutzen nach eigenen Angaben zum Beispiel Christinen Mineralwasser für seine Wässer Spritzig, Medium und Naturelle sowie RhönSprudel für alle vier Mineralwassersorten.

Welche Grenzwerte gelten für Mineralwasser mit Bio-Label?

Die Grenzwerte für Mineralwasser mit Bio-Kennzeichnung sind strenger bzw. es sind im Vergleich zum herkömmlichen Mineralwasser überhaupt welche festgelegt. Zwischen den beiden zurzeit vergebenen Siegeln gibt es jedoch Unterschiede. Einige Stoffe haben wir exemplarisch aufgelistet.

 MineralwasserBio-Mineralwasser
(Qualitätsgemeinschaft)
Premiummineral-
wasser in Bio-Qualität
(Fresenius)
Nitrat50 mg/l2 mg/l10 mg/l
Pflanzenschutz-
mittel
kein Grenzwert
festgelegt*
0,02 μg/l (Einzelwert)0,02 μg/l (Einzelwert)
Arzneimittelkein Grenzwert
festgelegt*
0,02 μg/l0,02 μg/l
Per- und polyfluorierte
Chemikalien (PFC)
kein Grenzwert
festgelegt*
0,02 μg/l0,02 μg/l
Urankein Grenzwert
festgelegt*
2 μg/l2 μg/l
Süßstoffekein Grenzwert
festgelegt*
0,025 μg/l0,02 μg/l

Quellen: Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser e. V. und SGS Institut Fresenius

* Laut Mineral- und Tafelwasserverordnung (MTVO) ist nur Wasser erlaubt, das „seinen Ursprung in unterirdischen, vor Verunreinigungen geschützten Wasservorkommen“ hat und von „ursprünglicher Reinheit“ ist. Was die Begriffe konkret bedeuten, bleibt leider unklar.

Wie viel kostet Bio-Mineralwasser?

Mineralwasser mit Bio-Label gehört eher zu den teureren Mineralwässern im Sortiment des Handels. Bei Aldi Süd wird etwa das Bio-Mineralwasser „Rieser Urwasser“ zu einem Preis angeboten, der deutlich über dem liegt, was ansonsten im Wasser-Regal des Discounters steht. 

Vereinzelt wurde Bio-Mineralwässer teurer verkauft als herkömmliches Mineralwasser derselben Marke, obwohl es aus der gleichen Quelle stammte und laut Etikett die gleiche Mineralienzusammensetzung hatte.

Ist Bio-Mineralwasser besser?

Viele Mineralwässer ohne Bio-Siegel sind laut Stiftung Warentest und Öko-Test frei von Verunreinigungen. Das zeigen umfangreiche  Untersuchungen. Sie werden meist aus tieferen Gesteinsschichten gefördert. Arzneimittelrückstände, Pflanzenschutzmittel oder Süßstoffe hingegen sind eher in oberen Wasserschichten nachzuweisen.

Die Stiftung Warentest hat für die Ausgabe im Juli 2024 insgesamt 29 Sorten Classic-Mineralwasser untersucht, darunter 27 natürliche Mineralwässer und 2 Quellwässer. Hierbei gab es zusammengefasst ein sehr positives Ergebnis. Mikrobiologisch war alles tadellos, sodass 11 Mineralwässer „sehr gut“ abschnitten und 14 weitere „gut“. Die anderen vier Produkte wurden mit „befriedigend“ bewertet. Insgesamt fällt keines der Produkte durch, die schlechteste Wertung im Test ist die Note 3. In keinem der getesteten Wasser wurden bedenkliche Stoffe nachgewiesen.

Öko-Test untersuchte im Juni 2024 ganze 54 Classic-Mineralwässer, davon fünf mit Bio-Auslobung und insgesamt zehn Produkte, die für die Zubereitung von Säuglingswasser geeignet sind. Der Test zeigt, dass die meisten Wasser empfehlenswert sind, 28 Produkte schnitten sogar „sehr gut“ ab. In 14 Wassern entdeckten die Labore Stoffe, die kritisch zu sehen sind.

Ist Bio-Mineralwasser ein regionales Produkt?

Nein, Bio-Mineralwasser muss nicht notwendigerweise ein regionales Produkt sein. 

Wasser ist ein schweres Gut. Werden Wasserflaschen über weite Strecken transportiert, benötigt das viel Energie. Im Sinne der Umwelt wäre eine regionale Vermarktung ohne lange Transportwege. Doch beim Zertifizierer Fresenius scheint das nur eine untergeordnete Rolle zu spielen. Dieser fordert für sein Siegel „Premiummineralwasser in Bioqualität“ von den Anbietern nur, dass möglichst „90 % des Mineralwassers in der 1. Handelsstufe (Großhandel) in der Region verkauft werden“. Ein Witz, wenn das Wasser danach in ganz Europa herumgekarrt wird.

Sind die Flaschen von Bio-Mineralwasser umweltfreundlicher?

Auffällig ist, dass Bio-Mineralwasser oft in Glasflaschen verkauft wird. Glas wirkt per se hochwertiger als PET. Das steht im Einklang mit dem meist höheren Preis, den Verbraucherinnen und Verbraucher für Bio-Mineralwasser zahlen sollen. Oft haben die Gebinde eine besondere Form und/oder sind extra geprägt (z.B. mit dem Namen des Brunnens oder einem Relief). Einige Anbieter vermarkten die Flaschen explizit als „Design-Glasflaschen“ oder „Genießer-Glasflaschen“. Was für die Marketingstrategie schlüssig erscheint, kann für die Umwelt zum Problem werden.

Untersuchungen haben gezeigt, dass PET-Flaschen als Standardflaschen aus dem Mehrweg-Pool der Genossenschaft Deutscher Brunnen (GDB) die ökologisch günstigste Getränkeverpackung sind. „Pool-Flaschen“ sehen einheitlich aus und können von verschiedenen Abfüllern genutzt werden. Auf diese Weise lassen sich Transportwege reduzieren. Glasflaschen wiederum sind dann ökologisch sinnvoll, wenn sie regional als Mehrwegflaschen verkauft und oft wieder befüllt werden. Zum Problem werden Flaschen aus Glas vor allem dann, wenn sie individuell gestaltet sind (Form, Prägung etc.) und zudem überregional vermarktet werden. Dann müssen sie nämlich über weite Strecken zu ihrem Abfüllort zurückgebracht werden.

Besonders kritisch zu sehen sind Einwegflaschen – also Plastikflaschen, die einmal befüllt, ausgetrunken und dann geschreddert werden. Etliche Bio-Mineralwasser sind auch in solchen Flaschen mit Einwegpfand erhältlich. Zwar verlangt beispielsweise die Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser für ihr Siegel „mindestens 60 Prozent Altmaterialeinsatz", doch aus unserer Sicht ist das nicht ausreichend. Wir fordern für Bio-Mineralwasser eine Mehrwegpflicht.

Unser Rat

Wenn Sie Bio-Mineralwasser trinken möchten, so greifen Sie zu einem Produkt aus der Region – abgefüllt in einer Mehrwegflasche (PET oder Glas).

Ist Wasser für Säuglingsnahrung auch Bio-Mineralwasser?

Mineralwasser, das für die Zubereitung von Säuglingsnahrung geeignet ist, muss seit Jahrzehnten strengere Vorgaben für Schadstoffe als herkömmliches Mineralwasser erfüllen. Zusätzlich werden Aspekte berücksichtigt, die ernährungsphysiologisch für Säuglinge wichtig sind, wie etwa ein geringer Natriumgehalt im Wasser. Dieses Wasser ist aber kein Bio-Mineralwasser – auch wenn einige Grenzwerte identisch sind.

Beim Mineralwasser für die Zubereitung von Säuglingsnahrung darf der Gehalt an Natrium 20 mg/l, an Nitrat 10 mg/l, an Nitrit 0,02 mg/l, an Sulfat 240 mg/l, an Fluorid 0,7 mg/l, an Mangan 0,05 mg/l, an Arsen 0,005 mg/l und an Uran 0,002 mg/l nicht überschreiten. Diese Grenzwerte sind in der Mineral- und Tafelwasserverordnung gesetzlich festgelegt.

Ist Bio-Mineralwasser besser als Leitungswasser?

Leitungswasser ist nach unserer Auffassung die nachhaltige und kostengünstige Alternative zu Mineralwasser. Der Mineralwasserkonsum in Deutschland belastet das Klima durchschnittlich 600-mal stärker als das Trinken von Leitungswasser. Während die Förderung und Aufbereitung des Wassers ähnlich aufwendig ist, lässt der Transport und die Verpackung von Mineralwasser in Flaschen den CO2-Fußabdruck deutlich ansteigen. Außerdem: Die preiswertesten Mineralwässer kosten nur 13 Cent pro Liter, aber Leitungswasser ist rund 33-mal günstiger und kostet in Hamburg etwa 0,4 Cent pro Liter. Für den Preis eines Liters des teuersten Bio-Mineralwassers der Stichprobe erhält man sogar fast 223 Liter Wasser aus dem Wasserhahn frei Haus geliefert.

Angriffe aufs Trinkwasser, wie sie einige Wasserfilterhersteller oder Mineralwasserbrunnen führen, sind meistens unangebracht. Zwar finden sich laut Stiftung Warentest im Leitungswasser – je nach Wohnort – auch Spuren von Medikamenten, Pestiziden sowie Nitrat, aber die Mengen geben keinen Anlass zur Sorge. Das Umweltbundesamt attestierte dem Trinkwasser in Deutschland 2019 ein „sehr gut“: Problematische Schadstoffmengen waren absolute Einzelfälle; die mikrobiologischen und chemischen Qualitätsanforderungen wurden bei über 99,9 Prozent der überwachten Proben erfüllt.

Nicht unerwähnt bleiben darf allerdings, dass in Gebieten mit industrieller Tierhaltung und viel Gülle auf den Feldern die Nitratkonzentration im Grundwasser zu hoch sein kann. Auch Medikamente und Pestizide können zum Problem werden. Das müssen Wasserwerke im Auge behalten, um rechtzeitig Maßnahmen ergreifen zu können. Doch bisher wurde die Qualität des Trinkwassers durch eine mehrstufige Wasseraufbereitung praktisch überall sichergestellt.

Mineralwasser braucht ein „echtes“ Bio-Siegel!

Die für Verbraucherinnen und Verbraucher ohnehin schon unüberschaubare Anzahl an Siegeln und Labeln wächst durch die Deklaration von Bio-Mineralwasser weiter an. Dabei schaffen die Siegel eher Verwirrung als Transparenz, denn Konsumentinnen und Konsumenten können kaum nachvollziehen, welche Kriterien und Kontrollen sich hinter den einzelnen Logos verbergen. Wir fordern daher, Bio-Mineralwasser in die EU-Öko-Verordnung zu integrieren. „Bio“ muss eine staatlich geschützte und kontrollierte Auszeichnung bleiben, deren Mindestkriterien einheitlich und gesetzlich festgelegt sind!