Lachs kaufen – oder besser lassen?
Lachs gehört zu den beliebtesten Speisefischen in Deutschland. Doch gerade beim Lachs gibt es erhebliche Umwelt- und Tierschutzbedenken. Insbesondere die industrielle Zucht steht immer wieder in der Kritik. Das sollten Sie wissen.

Das Wichtigste in Kürze
- Zuchtlachs aus konventioneller Aquakultur ist kaum empfehlenswert – vor allem aus Norwegen gibt es Berichte über massive Missstände in der Lachszucht.
- Bio-Lachs aus Aquakultur ist die bessere Wahl – auch wenn damit nicht alle Probleme gelöst sind.
- Wildlachs kann eine Alternative sein – wenn Fanggebiet und Fangmethode stimmen.
Lachs ist mit einem Marktanteil von rund 20 Prozent der meistverzehrte Speisefisch in Deutschland (Stand: 2023). Laut Fischinformationszentrum liegt er damit vor dem Alaska-Seelachs und dem Thunfisch. Auch weltweit nimmt die Nachfrage weiter zu.
Ein Großteil des Bedarfs wird durch Aquakultur gedeckt – bei Lachs vor allem in Netzgehegen. In Europa gehören Norwegen, Schottland, Irland und die Färöer-Inseln zu den Hauptproduzenten von Zuchtlachs.
Grausame Bedingungen bei der Zucht von Lachs
In der industriellen Lachszucht herrschen häufig problematische Bedingungen. Die Fische leben in engen Netzgehegen mit hoher Besatzdichte – ein idealer Nährboden für Krankheiten und Parasiten. Viele Tiere überleben die Aufzucht nicht: Laut dem norwegischen Veterinärinstitut stirbt jeder vierte Lachs vorzeitig, jeder sechste noch vor der Schlachtreife. Ein Bericht der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch dokumentiert die teils katastrophalen Zustände in der europäischen Lachsindustrie – darunter schwere Verletzungen durch Parasitenbefall und mangelhafte Haltungsstandards.
Auch die Umweltauswirkungen der Aquakultur sind gravierend. Unter den Käfigen lagern sich Futterreste und Exkremente ab, die die Meeresböden verschmutzen und dort lebende Arten Organismen, Pflanzen und Tiere zerstören. Zusätzlich stellen entkommene Zuchtlachse ein Risiko dar: Die Tiere unterscheiden sich genetisch von Wildlachsen. Gelangen sie in freie Gewässer, können sie sich mit Wildlachsen verpaaren. Das Erbgut der Wildbestände verändert sich, ihre Anpassungsfähigkeit nimmt ab. Zudem können Krankheiten und Parasiten aus den Zuchtanlagen auf die Wildlachse übertragen werden.
Problematisch ist auch der Futterbedarf in der Zucht. Für die Herstellung von Fischöl werden große Mengen Wildfisch wie Heringe und Sardinen verwendet – Fischarten, die auch direkt der menschlichen Ernährung dienen könnten. Einige Zuchtbetriebe argumentieren, sie würden überwiegend Beifang als Futter verwenden – also unbeabsichtigt gefangene Meerestiere. Doch auch der Beifang fehlt im marinen Ökosystem – er ist Nahrungsquelle für andere Tierarten.
Gut zu wissen
Die norwegische Lachsindustrie arbeitet an technischen Verbesserungen, um die Probleme der Lachszucht in den Griff zu bekommen. Geplant ist unter anderem der vermehrte Einsatz von halbdichten Netzkäfigen und absenkbaren Gehegen, die den Kontakt zu Parasiten im offenen Meer verringern sollen. Auch die räumliche Trennung der Zuchtanlagen soll dazu beitragen, Krankheitsausbrüche einzudämmen.
Bereits heute gibt es in Norwegen erste geschlossene Kreislaufanlagen an Land. Sie verhindern, dass Zuchtlachse entkommen und sich mit Wildlachsen vermischen. Zudem lassen sich Wasserqualität und Abfallstoffe in solchen Systemen besser kontrollieren.
Doch trotz dieser Fortschritte bleiben zentrale Probleme bestehen: Die Zucht auf engstem Raum, der hohe Futterbedarf und die damit verbundenen ökologischen Belastungen werden durch neue Technik allein nicht gelöst.
Beim Kauf von Lachs auf Bio-Siegel achten
Wenn Lachs, dann zertifiziert: Bei Lachs aus Aquakultur sind EU-Öko-Siegel und das Naturland-Siegel eine bessere Wahl. Beide Siegel stehen für strengere Umwelt- und Tierschutzstandards, etwa bei Fütterung, Besatzdichte und Medikamenteneinsatz. Die Naturland-Kriterien für die Aquakultur sind noch etwas strenger als die des EU-Bio-Siegels. Sie erkennen zertifizierte Produkte an den entsprechenden Logos auf der Verpackung.
Wir haben in einer Übersicht zusammengestellt, welche konkreten Vorgaben für die beiden Siegel erfüllt werden müssen.
Wildlachs ist unter bestimmten Bedingungen empfehlenswert
Anders als Zuchtlachs wächst Wildlachs in freier Natur auf – in Flüssen und dem offenen Meer, wo er sich selbstständig fortbewegt und ernährt. Trotzdem ist Wildlachs nicht automatisch die bessere Wahl. Die Bewertung hängt stark vom Fanggebiet und der Fangmethode ab. Doch gerade diese Informationen erhalten Verbraucherinnen und Verbraucher oft nicht. Gezieltes Nachfragen lohnt sich. Lachs, der mit Stellnetzen oder Langleinen gefangen wurde, sollten Sie in jedem Fall vermeiden.
Bedingt empfehlenswert ist laut Guter Fisch-Liste Pazifischer Lachs (Ketalachs):
- Fischart: Ketalachs (Oncorhynchus keta)
Fanggebiet: Nordostpazifik FAO 67 (Alaska)
Fangmethoden: Umschließungsnetze und Hebenetze, Schleppangeln (Auf dem Etikett steht häufig nur „Haken und Leinen“, was auch die nicht akzeptablen Langleinen umfasst. Im Zweifel ist eine gezielte Nachfrage zu empfehlen.)
Nicht empfehlenswert ist Atlantischer Lachs: Die Situation beim Atlantischen Lachs ist besorgniserregend. Die Bestände gelten als bedroht, vielerorts sind sie massiv zurückgegangen. Zudem kommen häufig Stellnetze oder Langleinen zum Einsatz – Fangmethoden, bei denen sich auch geschützte Tierarten wie Meeressäuger oder Seevögel verfangen können. Auf Wildlachs aus dem Atlantik sollten Sie daher besser verzichten.
Unser Rat
Lachs kaufen – oder besser nicht? Auch wenn Sie gerne Lachs essen, bedenken Sie: Lachs sollte kein Alltagsprodukt sein, sondern eine seltene Delikatesse bleiben. Verzichten Sie aus Tierschutz- und Umweltgründen auf konventionellen Zuchtlachs. Greifen Sie stattdessen bewusst zu Bio-Lachs aus Aquakultur oder zu nachhaltig gefangenem Wildlachs. Noch besser ist es jedoch, statt Lachs weniger kritische Fischarten zu kaufen. Dazu empfehlen wir Ihnen einen Blick auf unsere Guter Fisch-Liste.